Dermatologe als Impfarzt im Heim: "Die Nebenwirkungen sind überschaubar"

IserlohnCorona-Info

Dermatologen versorgen häufig Patienten in Alten- und Pflegeheimen. Da wundert es nicht, dass sie sich freiwillig als Impfärzte für Impfungen gegen SARS-CoV-2 in den Einrichtungen gemeldet haben. So auch Dr. Fritz Lax, erster stellvertretender Vorsitzender des BVDD-Landesverbandes Westfalen-Lippe. Hier berichtet er über seine ersten Erfahrungen.

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"Zum Impfen bin ich über die Systemtherapie der Psoriasis gekommen. Als ich mich ernsthaft mit den dermatologischen Systemtherapien befasste, habe ich schnell gemerkt, dass es sinnvoll - und meistens auch einfacher ist - den Impfstatus der Patienten selber zu kontrollieren. Angefangen habe ich zunächst mit ganz banalen Schutzimpfungen im Herbst und Winter. Sukzessive habe ich dann meine Impfungen ausgeweitet. Derzeit halten wir 4-fach Impfungen für Tetanus, Polio, Diphtherie und Keuchhusten sowie gegen Pneumokokken vor. Wenn verfügbar, auch Herpes Zoster-Impfungen.

Über meiner Hausbesuchstätigkeit bin ich zu den Coronaimpfungen gekommen. Ich wurde direkt vom Leiter eines Heimes angesprochen und gefragt, ob ich in diesem Heim Coronarimpfungen durchführen würde. Die Kassenärztliche Vereinigung hatte alle Heime angeschrieben mit der Bitte, sich um Impfärzte zu kümmern. Im Rahmen der Vorbereitungen der Impfungen bin ich dann vom Leiter des Impfzentrums angesprochen worden, ob ich mich an den ersten Impfungen im Märkischen Kreis beteiligen würde. Zusammen mit zwei hausärztlichen Kollegen (einer davon als Betriebsarzt mit ausreichender Erfahrung) haben wir dann zusammen mit den Heimleitern ein Konzept für die ersten beiden Heime, in denen wir impfen wollten, entwickelt.

Geholfen hat den Heimen, dass ich mich an den ersten Abenden nach den Impfungen hingesetzt und einen Erfahrungsbericht für diese geschrieben habe. Außerdem haben die Einrichtungen untereinander Erfahrungen geteilt. Schlussendlich waren 'Beobachterteams' der Heime bei den Impfungen im ersten und zweiten Heim anwesend. Erfahrungen konnten direkt weitergegeben werden - von Heim zu Heim. Diese Art der Vernetzung hat bei der Organisation der weiteren Impfungen den Einrichtungen sehr geholfen.

Das größte Problem im ersten Heim, in dem wir geimpft haben, war die Bürokratie. Über Weihnachten mussten alle Betreuer beziehungsweise Familien der nicht selber einwilligungsfähigen Bewohner angeschrieben werden. Die Aufklärungsbögen und die Einwilligung sowie der Anamnesebogen mussten ausgefüllt und zurück ins Heim transportiert werden. Zu diesem Zeitpunkt lagen dem Heim die 'offiziellen' Unterlagen noch nicht vor, sodass eigene Bögen verwendet wurden, die dann per Hand in die offizielle Dokumentation eingefügt werden mussten. Ein extrem zeitraubender Vorgang am Impftag.

Außerdem haben wir Ärzte schnell festgestellt, dass wir bei extrem exakter Arbeitsweise aus den Flaschen 7 Impfdosen gewinnen können. Nach Zugabe von NaCl befinden sich in den Flaschen der Firma Biontech  2,25 ml Serum, was rein rechnerisch für 7 Dosen reichen würde. Im weiteren Verlauf der Impfungen hat sich dann allerdings herausgestellt, dass bei Verwendung von 6 Impfdosen aus einer Flasche die Kanüle zur Entnahme des Serums nicht gewechselt werden darf. Sonst reicht die Menge an Serum nur für 5 Impfdosen. Dadurch konnten wir mehr Menschen impfen als vorgesehen. Nachdem alle Bewohner und Mitarbeiter des Heimes geimpft waren, haben wir telefonisch Kollegen und Bekannte organisiert, um den Rest des Serums auch zu verimpfen. Hier ist es sinnvoll, schon im Vorfeld Telefonlisten zu haben. Da auch diese Personengruppe an das Robert-Koch-Institut auf den Excel Tabellen gemeldet werden muss, ist es wichtig, auch hier Stammdaten festzuhalten. Am besten gleich bei der Impfung.

Aus den Flaschen können wir 6 (Biontech) beziehungsweise 10 Impfdosen (Moderna) entnehmen. Der Impfstoff der Firma Biontech darf, nachdem er rekonstituiert ist, nicht mehr erschüttert werden. Dieser Impfstoff kann also nicht weit transportiert werden. Er ist fürs Impfen bei Hausbesuchen nicht geeignet. Wenn wir jetzt auch zu Hause impfen sollen, werden wir den Impfstoff der Firma Moderna nehmen müssen, aus einer Flasche werden hier 10 Dosen gewonnen. Also müssen immer 10 Menschen geimpft werden. Der Impfstoff muss innerhalb von 6 Stunden verbraucht werden.

Die Nebenwirkungen in den in den drei Heimen, in denen ich bislang geimpft habe, sind überschaubar. Einmal hatten wir eine beschriebene reversible Facialisparese und in jedem Heim gab es Personen die mit Fieber um 38,5° auf die Impfung in der folgenden Nacht reagiert haben. Alle anderen haben lediglich etwa einen Tag lang die Einstichstelle gespürt. Allergische Reaktion hatten wir keine. Trotzdem waren wir - insbesondere bei den ersten Impfungen - mit Adrenalin, Prednisolon und Sauerstoff zur Notfallbehandlung ausgerüstet. Nach meinen Informationen scheint das Allergen Polyethylenglycol problematisch zu sein, was zum Beispiel zur Vorbereitung der Koloskopie, aber auch in Zahnpasta und Kosmetika genutzt wird.

Dr. Fritz Lax