Einstieg für Niedergelassene BVDD startet erfolgreich Online-Seminarreihe zur Telemedizin

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Telemedizinische Anwendungen werden bald nicht mehr aus dem dermatologischen Praxisalltag wegzudenken sein. Der BVDD hat für alle, die den Absprung in die Zukunft wagen möchten, eine Seminarreihe zu wichtigen Einstiegsthemen gestartet – von Anwendungsmöglichkeiten über rechtliche Aspekte bis zu realen Erfahrungen.

Kostensparend, umweltschonend und mehrfach abrufbar: Die Vorteile virtueller Fortbildungsveranstaltungen sind nach sieben Monaten Covid-19-Pandemie hinlänglich bekannt. Ein Vorteil kommt hinzu, der jedoch seltener ins Auge fällt: Die Teilnehmerzahl ist blitzschnell ablesbar – und motiviert die Referenten. Das war auch BVDD-Präsident Dr. Klaus Strömer beim ersten Teil der Online-Seminarreihe „Telemedizin in der Dermatologie“ deutlich anzumerken. Bis zu 120 Teilnehmer waren – dank der freundlichen Unterstützung von La Roche-Posay kostenfrei – online, als der Verbandspräsident Anwendungsmöglichkeiten der Telemedizin vorstellte und die entsprechend spezialisierte Rechtsanwältin Sylvia Manteufel aus Leipzig unter dem Motto „It`s okay – don’t panic“ rechtliche Apekte der Telemedizin darlegte.

Strömer ließ es sich dabei nicht nehmen, den Blick sehr weit über den deutschen Tellerrand zu werfen und zu zeigen, was technisch längst möglich ist. So beispielsweise in China mit dem Unternehmen „Ping an good doctor“. Patienten setzen sich in eine Art Telefonzelle, die am Straßenrand steht, und erhalten über einen Chatbot zunächst Anamnesefragen und schließlich auch die Diagnose. Bezahlt wird mit einer Karte einer Online-Versicherung. Der besondere Clou: Über einen ebenfalls integrierten Dispenser erhält der Nutzer gleich seine Medikamente.

„In Deutschland sind wir nicht so weit, dafür haben wir aber auch eine bessere Qualität. Die macht uns aus“, betonte Strömer und erinnerte an die von der Fachgruppe erarbeiteten Meilensteine: das „Positionspapier zur Telemedizin in der Dermatologie“ aus dem Jahr 2015 und der drei Jahre später entstandene Leitfaden „Praxis der Teledermatologie“. Als ganz formales Format steht zurzeit die Veröffentlichung einer AWMF-Leitlinie auf S2k-Niveau mit dem Titel „Telemedizinische Versorgung in der Dermatologie“ kurz bevor. „Sie ist fertig und nur noch in einem letzten Loop bei den Autoren“, versicherte der BVDD-Präsident. Sie wird die erste Telemedizinleitlinie in Deutschland sein, die Evidenz basiert definiert, was telemedizinisch versorgt werden kann und was nicht. Grünes Licht gibt es beispielsweise für die Versorgung chronischer Wunden, unterbleiben sollte hingegen die Dignität von Muttermalen vorzunehmen, da es hier noch zu viele falsch positive und falsch negative Ergebnisse gibt.

„Wir versuchen mit zahlreichen Partnern, die Teledermatologie so zu gestalten, dass auch in diesem Bereich die fachärztliche Qualität gesichert wird“, fasste Strömer die Aktivitäten des BVDD zusammen. Die Dermatologie wolle nicht nur mitlaufen, sondern gestalten. „Denn“, so Strömer mit Blick auf die Skeptiker, „die Digitalisierung geht nicht mehr weg.“

Datenschutzbeauftragter bei Fernbehandlungen

Umso wichtiger sind auch die rechtlichen Perspektiven insbesondere das ärztliche Berufsrecht, der Datenschutz sowie das Arzthaftungsrecht. Hier wies Sylvia Manteufel daraufhin, dass die jeweilige Berufsordnung der Landesärztekammer bei der Umsetzung der Ärztetagsvorgaben von 2018 zum Fernbehandlungsverbot ausschlaggebend sei. Ihres Wissens nach habe nur die Landesärztekammer Brandenburg nach wie vor eine restriktive Haltung und erlaube eine ausschließliche Fernbehandlung weiterhin nicht. Doch auch wenn die ausschließliche Fernbehandlung von der Berufsordnung gedeckt ist, gelte immer noch die Behandlung unter der physischen Präsenz des Arztes als Goldstandard ärztlichen Handelns, so die Leipziger Juristin. Die digitale Technik ist aus berufsrechtlicher Sicht kein Ersatz für die gebotene persönliche Zuwendung, sondern vor allem als Unterstützung der ärztlichen Tätigkeit zu sehen. „Berufsrechtlich nicht gewünscht sind Praxen, die beispielweise nur noch Videosprechstunden anbieten“, betonte Manteufel. Dann sei Ärger mit der Kammer vorprogrammiert.

Mit Blick auf die Datenschutzgrundverordnung erinnerte sie daran, auf die Verantwortlichkeitsverhältnisse zu achten, wenn mehrere Akteure an einer Datenverarbeitung beteiligt sind, etwa bei der Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern oder Servicedienstleistern. Wer Fernbehandlungen anbietet, dem empfahl sie zudem, einen Datenschutzbeauftragten zu bestellen – unabhängig von der Praxisgröße. Ihrer Meinung nach ist bei Fernbehandlungen eine Datenschutzfolgeabschätzung erforderlich, die wiederum einen Datenschutzbeauftragten notwendig mache.

Eine besondere Rolle bei der Telemedizin spielt die Arzthaftung. Ausgangspunkt ist und bleibt auch hier die Legitimation ärztlichen Handelns: eine medizinische Indikation, die Einwilligung des aufgeklärten Patienten und das ärztliche Handeln entsprechend den Regeln des Faches – Stichwort Facharztstandard. Sind die drei Voraussetzungen erfüllt, ist – im Einzelfall – die Fernbehandlung erlaubt. Ein Fernbehandlungsstandard, den Gerichte zur Fallbeurteilung anlegen könnten, existiert allerdings noch nicht. „Es gab bislang noch keine Haftungsfälle“, erläuterte Manteufel. Gleichzeitig unterstrich sie, dass Leitlinien nicht rechtsverbindlich sind. „Sie haben nur informativen und empfehlenden Charakter“, so die Juristin. Im Einzelfall, wenn es zu einem Behandlungsfehler kommt, wird ein gerichtlicher Sachverständiger bestellt, der entscheidet, ob es ein Behandlungsfehler war oder nicht.

Store and forward: Der OnlineDoctor

Bei einer Seminarreihe des BVDD zur Teledermatologie darf das im vergangenen Jahr in Kooperation mit dem Berufsverband in Deutschland gestartete Angebot „OnlineDoctor“ nicht fehlen. Der Mitbegründer der Schweizer Ursprungsversion, der Dermatologe Dr. Paul Scheidegger legte im zweiten Teil dar, wie er auf die Idee zur Plattform gekommen ist und wie die Online-Diagnose abläuft.

Inzwischen sind in Deutschland rund 500 Dermatologinnen und Dermatologen an Bord. Eine von ihnen ist Dr. Marion Krakor aus Leipzig. Sie rundete den zweiten Teil mit einem ausführlichen Erfahrungsbericht aus der Praxis ab. Dabei sparte sie nicht an Bildern, die sie von Patienten über OnlineDoctor zugesendet bekommen hat, und den dazugehörigen Diagnosen. Die Leipziger Dermatologin hat mit einer passenden Marketingstrategie das Angebot sowohl für Patienten als auch für Kollegen aus der Umgebung bekannt gemacht und nach eigenen Aussagen bislang nur positive Reaktionen erhalten.

Digitale Dermatologie aus Sicht der Generation Y

Weiterbildungsassistent der Dermatologie und Sprecher des Bündnis Junge Ärzte (BJÄ) Max Tischler gab eine Übersicht zur digitalen Dermatologie aus Sicht der Generation Y (Jahrgang 1980-1990) und darüber, in welche Richtung sich die Telemedizin in der Dermatologie entwickeln kann. Sophia Schlette, Hauptgeschäftsführerin des BVDD, nahm die Zuhörer dagegen auf eine virtuelle Reise durch Länder mit, die Telemedizin bereits vollumfänglich in ihr Gesundheitssystem integriert haben. Schnell wurde bei Tischlers Vortrag klar: die Digitalisierung – auch im Gesundheitswesen – lässt sich nicht vermeiden. 89 Prozent der Deutschen besitzen ein Smartphone, 94 Prozent davon benutzen es täglich. Spannend zu sehen ist, dass 79 Prozent der über 65-Jährigen ein Smartphone besitzen, was laut Tischler der Großteil der Patienten in den dermatologischen Praxen ist.

Wirft man einen Blick auf die Telemedizin, so lässt sich erkennen, dass die Videosprechstunde immer beliebter wird. „Eine Bitkom Umfrage von Mai 2019 zeigt, dass von 1.000 befragten Patienten fünf Prozent die Videosprechstunde bereits genutzt haben“, erläuterte Tischler. Im Mai 2020 seien es acht Prozent gewesen und im Juli 2020 bereits 13 Prozent. „Sicherlich ist hier die Corona-Pandemie ein Digitalisierungs-Booster. Beachten muss man aber, dass mittlerweile 45 Prozent der Patienten sich die Nutzung der Videosprechstunde vorstellen können“, erklärte Tischler. Neben der derzeit Corona bedingten Angst vor einer Ansteckung, sind vor allem die schnelle Möglichkeit, ärztlichen Rat einzuholen, Bequemlichkeit und die Vermeidung von Fahrtzeiten die Gründe für eine Videosprechstundennutzung.

„In der Dermatologie spielt die Videosprechstunde eher eine untergeordnete Rolle, zum Beispiel als Mittel zur Verlaufskontrolle“, berichtete der Weiterbildungsassistent und fügte hinzu, dass Telemedizin in der Fachgruppe meist asynchron zum Einsatz kommt, zum Beispiel bei Anfragen über Portale wie OnlineDoctor. Weiterhin nimmt die Frage nach Gesundheits-Apps zu. Eine Erhebung von 2019 zeigt, dass im App-Store 2.700 deutschsprachige Gesundheits-Apps zur Verfügung stehen. Zehn Prozent davon seien über 50.000 Mal heruntergeladen worden. Drei von vier Smartphonebesitzern nutzen die verfügbaren Anwendungen. „Patienten suchen bereits jetzt ohne Angebote Seitens der Krankenkasse aus eigener Motivation Anwendungen, die sie in ihren Alltag einbinden können, sei es zur Medikamentenkontrolle oder zur Ernährungsberatung“, verdeutlichte Tischler. Aus Umfragen geht hervor, dass vier von zehn Patienten Apps auf Rezept einfordern möchten. 59 Prozent der Patienten können sich eine Nutzung der Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) vorstellen. Interessant ist, dass die Mehrheit der Patienten in der Digitalisierung eine große Chance für das Gesundheitssystem sieht. 65 Prozent gehen davon aus, dass sie durch digitale Angebote besser aufgeklärt sein werden und besser mit dem Arzt im Patientengespräch kommunizieren können.

Integration digitaler Mechanismen

Wo Telemedizin bereits funktioniert, zeigte Sophia Schlette und nahm die Zuhörer auf eine virtuelle Reise über zwei Kontinente und drei Länder mit, in denen digitale Mechanismen bereits erfolgreich verwendet werden, um die Versorgung und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu verbessern.

Mit Estland und Frankreich stellte Schlette zwei Länder vor, die digitale Anwendungen in der Dermatologie etabliert haben. In Estland wurde 2013 mit „Dermtest“ ein Projekt ins Leben gerufen, welches zunächst ganz klassisch mit dem Telekonsil zwischen Hausarzt und Dermatologe startete. „Die Plattform wird mittlerweile in ganz Estland eingesetzt und von der nationalen Krankenversicherung übernommen“, berichtete Schlette. Das Projekt wurde stetig weiterentwickelt. Neben dem Telekonsil wurde eine Patienten-App und eine Bildmanagement-Software integriert. Heute arbeiten Ärztenetze, Wundzentren und Krankenhäuser in vier Ländern mit „Dermtest“ als digitales Werkzeug.

In Frankreich entstand 2016 ein Konsortium zur Wundversorgung. Dabei handelt es sich um den Zusammenschluss der französischen und frankophonen Gesellschaft für Wunden und Narben mit dem Zentrum für Ressourcen und Beratung in der Telemedizin (CATEL). Das Konsortium entwickelte Empfehlungen für neue Versorgungsformen bei der Wundversorgung, in denen die Telemedizin fester Bestandteil ist. Ziel ist dabei, den Versorgungspfad sowie die Effizienz des Gesundheitssystems zu verbessern durch angemessene Wundversorgung und die Reduktion der Kosten für Wundtherapeutika.

Aus eigener Erfahrung im Rahmen einer internationalen Beschäftigung in den USA berichtete die Hauptgeschäftsführerin über das Unternehmen Kaiser Permanente in den USA. Von Obama als Leuchtturm der integrierten, IT-gestützten Versorgung gepriesen, betreut das Unternehmen in acht Bundesstaaten und Washington D.C. rund 12,2 Millionen Menschen in der Gesundheitsfürsorge nach dem Prinzip „Telemedizin überall und jederzeit“.

Der Dienstleister bietet seinen Versicherten ein Patientenportal mit einer elektronischen Patientenakte über die sich Befunde einsehen, Termine mit zuständigen Ärzten vereinbaren lassen oder der Impfstatus geprüft werden kann. Weiterhin bietet das Portal die Möglichkeit zum direkten Email-Kontakt mit dem Arzt sowie eine Erinnerungsfunktion für anstehende Vorsorgeuntersuchungen. An diesen Beispielen verdeutlichte Sophia Schlette, welche Möglichkeiten Telemedizin bietet und in welche Richtung sich das Gesundheitswesen in Zukunft entwickeln wird.

 

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wha, ar/BVDD