Demonstranten tragen die Dermatologie zu Grabe KV No ruft Polizei
DÜSSELDORF - Die Proteste gegen die Honorarverteilung in der KV Nordrhein reißen nicht ab. Die Freie Ärzteschaft, einmal mehr die Hals-Nasen-Ohrenärzte und neu die Dermatologen zogen jetzt vor der Frühjahrs-Vertreterversammlung der KV No auf, um gegen die Unterfinanzierung von Teilen der fachärztlichen Grundversorgung und Kürzungen von bis zu 30 Prozent beim Auszahlungspunktwert zu demonstrieren.
Für Furore sorgten die Nordrhein-Hautärzte. Sie zogen mit Leichenwagen, Sarg und einem runden Dutzend Kränzen vor dem Sitzungssaal auf. Dafür gab es geradezu begeisterte Anerkennung von den übrigen Mit-Demonstranten. Der Hausherr jedoch wollte zwar den Protest, nicht aber den aufgebahrten Sarg im Foyer des Ärztehauses hinnehmen. "Der Sarg muss weg – sofort", so die von einem Beauftragten ultimativ vorgetragene Aufforderung, das Beerdigungsszenario abzubauen.
Die Dermatologen mit dem stellvertretenden Landesvorsitzenden Dr. Rolf Ostendorf an der Spitze, schalteten daraufhin in den "Jetzt-erst recht-Modus" um. Ostendorf hielt dem Beauftragten des Hausherrn entgegen: Mit welchem moralischen Recht die KV No gegen die eigenen Mitglieder das Hausrecht gelten machen könne, angesichts der Tatsache, dass das "Haus der Ärzteschaft" auch mit Mitteln der protestierenden Ärztekollegen errichtet worden sei.
Wenig später erschien die zwischenzeitlich herbeigerufene Polizei auf der Bildfläche. Zwei junge Beamte in Uniform gingen zunächst einmal mit großer Sorgfalt daran, mit den Vertretern der KV No und den drei unabhängig voneinander agierenden Demonstrantengruppen Zuständigkeiten und Sachverhaltsfragen zu klären. Damit stießen sie allerdings recht bald an Kompetenzgrenzen und forderten daraufhin ihren Dienstvorgesetzten zur Unterstützung an.
Die Sitzung der Vertreterversammlung begann verspätet. Erst auf Antrag aus den Reihen der Freien Ärzteschaft war die Versammlungsleitung bereit, den Demonstranten Gelegenheit zu geben, ihr Anliegen vorzutragen. Es bedurfte dann eines zweiten – wie schon zuvor nahezu einstimmig angenommenen – Antrags, die Anhörung der Demonstranten auf der Agenda von "unter ferner liefen" ganz nach vorne zu rücken – gleich nach dem Bericht des KV No Vorsitzenden Dr. Peter Potthof zur Lage.
Polizeieinsatz überflüssig. Den Sarg samt Kränzen und Blumenschmuck
schafften die Dermatologen weg, nachdem das Fernsehen den Dreh
im Kasten hatte. Foto: Blu/BVDD
Für ein Regelleistungsvolumen von 12,30 Euro lasse sich die Grundversorgung schwer hautkranker Patienten nicht länger darstellen, unterstrich für den BVDD-Landesverband Dr. Christina Engels. Mit diesem Satz liege die Dermatologie in der KV Nordrhein bundesweit am Tabellenende im Fachvergleich, müsse aber die gleiche Versorgungsleistung wie alle übrigen Dermatologen im Bundesgebiet erbringen. Engels forderte die Vertreterversammlung auf, für ein angemessenes RLV von mindestens 21 Euro zu sorgen. Den Polizeieinsatz wies sie als "eigentlich unglaublich" zurück und bekam dafür demonstrativ Applaus von der Vertreterversammlung.
Zur vom Hausherrn geforderten Räumung vor dem Versammlungssaal kam es dann nicht mehr. Nachdem zwischenzeitlich das WDR-Fernsehen erschienen war und die Szene in Bild und Ton abgefilmt hatte, packten die Demonstranten bereitwillig ihre Sachen und verließen in einem Trauerzug mit gesenkter Miene samt Sarg und Kränzen das Foyer der KV-Ärztehauses in Richtung des bereitstehenden Leichenwagens.
Der Vorsitzende der KV No Peter Posthof würdigte die Forderungen der Demonstranten mit keinem Wort. Die Antwort überließ er seinem Stellvertreter Dr. Frank Bergmann. „Die Proteste der Kollegen sind mit Blick auf die strukturelle Unterfinanzierung des fachärztlichen Bereiches nachvollziehbar“, erklärte Bergmann. Bei den Fachärzten habe die KV Nordrhein zuletzt mit gut 44.000 Euro im Quartal an drittletzter Stelle im Bundesvergleich gelegen. „Das ist die Folge einer im Vergleich zu anderen Bundesländern geringeren Gesamtvergütung je Versichertem in Nordrhein und einer höheren Arztdichte bei den Fachärzten", so der Aachener Neurologe.
Trotz eines nach seinen Worten sehr guten Ergebnisses der Honorarverhandlungen mit den nordrheinischen Krankenkassen mit einem Honorarplus von 5,15 Prozent habe Nordrhein jedoch weiterhin "Nachholbedarf" bei der Vergütung der ambulanten Versorgung. Nahezu alle Facharztgruppen in Nordrhein hätten Anlass zur Sorge, erklärte er gegenüber den Medien.
Hoffnung auf eine gezielte Stützung dürfen sich nach dieser Vertreterversammlung die besonders hart betroffenen konservativ tätigen Fachärzte ohne besonders geförderte oder ausbudgetierte Leistungsanteile jedenfalls weiterhin nicht machen.