Die KBV schaltet einen Gang zurück

Gesundheitspolitik

Fünf-Jahresfrist zurückgezogen – KBV bezieht Stellung zu Regierungsplänen

BERLIN - Die Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hat sich zu den gesundheitspolitischen Plänen der großen Koalition für diese Legislaturperiode positioniert. Neben Forderungen zu Detailfragen werden auch größere Konfrontations-Themen offenbar. Ein Überblick über wichtige Positionen.

Die Grundlage der KBV-Positionen sind die bereits Ende September 2012 von der VV verabschiedeten sieben Forderungen, die aus Sicht der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten erfüllt werden müssen, damit diese weiterhin den Sicherstellungsauftrag übernehmen. Ergänzt wurde lediglich ein Punkt zur Online-Vernetzung.

 

1.Diagnostische und therapeutische Freiheit wieder herstellen

2.Feste und kostendeckende Preise anstreben

3.Versorgungsfremde Mengensteuerung abschaffen

4.Ärztliche Autonomie in Fragen der ärztlichen Qualifikation wieder herstellen

5.Regresse bei veranlassten Leistungen abschaffen

6.Primat der ambulanten medizinischen Betreuung durch zugelassene Vertragsärzte und -psychotherapeuten betonen

7.Kassenspezifische Gesamtverträge wieder ermöglichen

8.Online-Vernetzung in die Hände der Ärzte und der ärztlichen Selbstverwaltung geben

 

Was auffällt gegenüber der früheren Version: Während Ex-KBV-Chef Dr. Andreas Köhler bei der Vorstellung der sieben Punkte einen klar definierten zeitlichen Horizont von fünf Jahren nannte, innerhalb dessen die Forderungen aus seiner Sicht erfüllt werden müssten, fehlt eine zeitliche Vorgabe im jetzigen Positionspapier gänzlich.

 

Gleichzeitig geizt die KBV nicht mit Kritik im Detail und geht in verschiedenen Punkten klar auf Konfrontationskurs zur Regierungskoalition. So bei der Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung – für die KBV nach wie vor ein rotes Tuch. Hier hat die Regierung angekündigt, die Möglichkeit zur Zulassung von Krankenhäusern zur ambulanten Versorgung in unterversorgten Gebieten zu verbessern.

 

Die KBV hält dagegen, dass Kliniken in strukturschwachen Regionen ebenfalls Ärzte der Grundversorgung fehlten. „Die Regelung würde sich zudem nicht nur kontraproduktiv auf die Niederlassungswilligkeit von Ärzten in unterversorgten Regionen auswirken, sondern auch Niederlassungen blockieren“, heißt es weiter. Auch zur Stärkung der fachärztlichen Versorgung lehnt die KBV die Öffnung der Krankenhäuser kategorisch ab. Ein solcher Schritt führe zu einem unfairen Wettbewerb zwischen ambulantem und stationärem Sektor führen, fürchtet sie. Stattdessen solle die Tätigkeit des niedergelassenen Facharztes wieder attraktiver gestaltet und Kooperationsmöglichkeiten gefördert werden. Zudem fordert die KBV, zur Stärkung der fachärztlichen Versorgung die Krankenkassen zu verpflichten, „analog zur hausärztlichen Versorgung Verträge zur facharztzentrierten Versorgung anzubieten.“ Solche Verträge müssten dem Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechen.

 

Neben der Öffnung der Krankenhäuser lehnt die KBV auch die im Koalitionsvertrag geforderte Aufspaltung der ärztlichen Selbstverwaltung in einen haus- und einen fachärztlichen Bereich ab. Nach den Regierungsplänen sollen über rein hausärztliche Belange nur hausärztliche Mitglieder der Vertreterversammlung, über fachärztliche Belange entsprechend nur die fachärztlichen Mitglieder entscheiden. Die KBV stellt dagegen klar: „Eine Körperschaft, die ihre gemeinschaftliche Gestaltungskraft verliert, kann ihrer gemeinsamen Verantwortung für die Sicherstellung und Gewährleistung der vertragsärztlichen und -psychotherapeutischen Verantwortung nicht mehr gerecht werden.“ Nach diesem Grundsatz stünden Hausärzte, Fachärzte und Psychotherapeuten für eine ungeteilte KV.

 

Moderater gibt sich die KBV bei ihrer Position zur Förderung der ambulanten Versorgung in unterversorgten Regionen. Zwar seien die im Versorgungsstrukturgesetz getroffenen Maßnahmen, mit denen der zunehmenden Unterversorgung entgegengewirkt werden soll, sinnvoll. Allerdings sei es notwendig, so die KBV, diese nicht länger an die formale Feststellung der Unterversorgung zu koppeln. Denn auch ohne rechtlich festgestellte Unterversorgung gebe es vor allem in ländlichen Gebieten zunehmend Schwierigkeiten, für frei werdende Arztpraxen Nachfolger zu finden.

 

Begrüßt wird die Ankündigung der großen Koalition, die Wirtschaftlichkeitsprüfungen bei Verordnungen durch regionale Vereinbarungen zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen zu ersetzen. Die KBV fordert, dass die Krankenkassen zu entsprechenden regionalen Vereinbarungen verpflichtet werden. Darüber hinaus müsse der Grundsatz „Beratung vor Regress“ auch bei Einzelfallprüfungen gelten. „Entscheidend ist, dass die diagnostische und therapeutische Gesamtverantwortung bei den Haus- und Fachärzten verbleibt“, stellt dazu das Positionspapier klar.

 

Nicht umhin kommt die KBV schließlich, auf die aus ihrer Sicht eigentlich überflüssige Wartezeitendiskussion beim Facharzttermin einzugehen. Das Problem sei tatsächlich viel geringer als in der Öffentlichkeit wahrgenommen und eine Folge des mengenbegrenzten und honorarbudgetierten Systems. Die KBV werde ein geeignetes Modell als regionale Selbstverwaltungslösung entwickeln, das in eilbedürftigen Fällen nach den medizinischen Erfordernissen eine zügige Behandlung beim Facharzt ermögliche, lautet die Ankündigung.

 

Ausführlichere Informationen zum KBV-Positionspapier bietet die Mai-Ausgabe der Verbandszeitschrift „Der Deutsche Dermatologe“.