„Bitte berühren“-Initiative stößt auf positive Resonanz
BERLIN (blu) – „Weltumarmungstag? Nie gehört“, „Ach, mit Flüchtlingen hat das nichts zu tun?“ – Manche Passanten reagieren zunächst irritiert auf die kleine Gruppe, die ihnen bei eisigen Temperaturen am Brandenburger Tor in Berlin mit Transparent und Flyern entgegenkommt.
Auf den Handzetteln heißt es wörtlich: „Machen Sie mit beim Internationalen Tag der Umarmung. Zeigen Sie Nähe. Gehen Sie auch und gerade auf jene zu, die oft an den Rand gedrängt werden und häufig im Abseits stehen! Dazu zählen ganz besonders oft Hautkranke und insbesondere Schuppenflechtekranke.“
Mitglieder des Psoriasisnetzes Berlin und der Online-Patientenplattform „Psoriasis-Netz.de“ stehen an diesem Morgen seit 8 Uhr vor dem Brandenburger Tor, um zum Auftakt der Kampagne "Bitte berühren" für ihre gemeinsame Sache zu werben.
Die Botschaft zündet schon nach ein paar kurzen Erläuterungen: Manche, mit denen die Handvoll Hautärzte, Schuppenflechtekranke und Unterstützer der Straßenaktion ins Gespräch kommen, verstehen sofort, worum es geht: sie sind entweder selbst betroffen oder haben Angehörige oder andere ihnen Nahestehende, die an einer Psoriasis leiden. Einige schildern anschaulich Symptome und wollen Rat mitnehmen für den Arbeitskollegen oder die Mutter.
Andere – wie eine ältere Touristin aus Edinburgh bringt die unerwartete Begegnung auf der Straße ins Grübeln: „Psoriasis – ist das nicht diese schuppende Hautkrankheiten? Ist doch ein wenig eklig, oder?“ und zwinkert dabei mit einem gewinnenden Lächeln, um doch noch ein stilles Einvernehmen mit ihrem Gesprächspartner herzustellen.
Eine Touristin aus China, die kaum Deutsch und nur ein wenig Englisch spricht, lässt sich geduldig Sinn und Zweck der Jahreskampagne auseinanderlegen. Sie geht nachdenklich, zögernd weiter, kommt aber nach ein paar Schritten zurück. Ob sie nicht mithelfen könne? Sie habe doch den ganzen Tag Zeit … Sie lässt sich Handzettel und ein Umhängeposter geben und verschwindet im Treiben rund um den Pariser Platz.
Vergessen sind am „Tag der Umarmung“ die Diskussionen im Vorfeld. „Ist nicht am gleichen Datum auch der „Tag der Jogginghose“, hatten Kritiker gewitzelt und damit feinsinnig aber deutlich ihr Unbehagen an dieser Straßenaktion zum Ausdruck gebracht. Und nach den Übergriffen in der Silvesternacht vor dem Kölner Hauptbahnhof stand kurzzeitig selbst im engsten Organisationskreis die Frage im Raum, ob die aktuelle Stimmungslage nicht eher eine Armlänge und mehr Abstand als eine derart plakative Aktion für mehr Nähe im öffentlichen Umgang miteinander erfordere …
Belästigt fühlt sich niemand an diesem eiskalten Morgen auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor. Den meisten gefällt die Aktion, bereitwillig lassen sie sich umarmen, auch ein Foto zur Veröffentlichung im Internet ist „kein Problem“ …