Bahr dementiert Bericht über Rücknahme der Kabinettsvorlage

Gesundheitspolitik

Versorgungsstrukturgesetz bleibt in der Spur

BERLIN - „Das Gesetz ist wie geplant und unverändert auf dem Weg“, sagte Daniel Bahr dem „Tagesspiegel am Sonntag“ zum Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStrG), das am 3. August vom Kabinett beschlossen werden soll. Damit dementiert der Gesundheitsminister umgehend eine Meldung der Süddeutschen Zeitung, die von einer Rücknahme der Kabinettsvorlage berichtet hatte.

Das Finanzministerium unter Wolfgang Schäuble hatte bereits in seiner Stellungsnahme zum Referentenentwurf das GKV-VStrG sehr kritisch hinterfragt. Schäuble fordert, dass durch das Gesetz generierte Mehrausgaben an anderer Stelle im Gesundheitssystem eingespart werden müssen.
Hintergrund ist die Regelung des GKV-Finanzierungsgesetzes von 2010, dass künftige Kostensteigerungen alleine den Versicherten aufbürdet. Die Kassen müssen dann von ihren Versicherten Zusatzbeiträge einfordern. Für diesen als „kleine Kopfpauschale“ bezeichneten Zusatzbeitrag ist wiederum ein Sozialausgleich vorgesehen, der vom Bund aufzubringen wäre. Damit begründet sich das Interesse des Finanzministers, Kostensteigerungen im Gesundheitswesen zu verhindern, weil diese mittelbar auch den Bundeshaushalt belasten.


In dem seit einer Woche den Kabinettskollegen vorliegenden Gesetzentwurf konkretisiert Bahr die Mehrausgaben durch das GKV-VStrG auf 200 Millionen Euro. Damit sollen vor allem Ärzte in unterversorgte Gebiete gelockt werden. Zudem wurde eine Regelung aufgenommen, die für 2014 eine Evaluierung inklusive einer genauen Sozialausgleichsberechnung der getroffenen Maßnahmen vorsieht.
Nach der Meldung der Süddeutschen reicht dies Schäuble nicht aus. Sein Vorwurf: auch die jetzige Fassung enthalte keine Ausgabenbremse. Nach Angabe des Blattes hat Schäuble mit seinem Veto im Kabinett gedroht.


Dagegen verteidigte Bahr den Gesetzentwurf. „Eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung darf nicht nach Kassenlage gemacht werden. Das hat am Ende auch der Finanzminister so gesehen“, sagte er dem Tagesspiegel. Sein Amtsvorgänger Dr. Philipp Rösler sah im „Bericht aus Berlin“ der ARD kein großes Konfliktpotential. „Schäubles Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die Kosten nicht weglaufen. Und die Aufgabe von Daniel Bahr ist es, dafür zu sorgen, dass die Ärzte nicht weglaufen.“ Beides werde gelingen, so Rösler.


Aus dem Gesundheitsministerium verlautete, dass „sich am Kern des Gesetzes nichts geändert hat.“ Dies sehen allerdings einige KVen anders. In einer gemeinsamen Pressemitteilung befürchten die KVen Hamburgs, Schleswig-Holsteins und die in der Gruppe FALK zusammengeschlossenen KVen Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern das Ende der versprochenen Re-Regionalisierung. Demnach führen die Änderungen vom Referenten- zum Gesetzentwurf dazu, dass der KBV neuerlich eine unbegrenzte Vorgabenkompetenz eingeräumt wird. Der Gesetzgeber wird aufgefordert, „die versprochene Regionalisierung unmissverständlich ins Gesetz zu schreiben und den Regionen wieder die Entscheidungs- und Handlungskompetenzen zurückzugeben, die sie brauchen, um eine hochwertige ambulante Versorgung flächendeckend und wohnortnah heute und für die Zukunft gestalten zu können.“


Die KBV versucht, die Befürchtungen abzuwiegeln. Gegenüber der Ärztezeitung sagte der Vorsitzende Andreas Köhler, dass die KBV weiterhin den Kurs der Vertreterversammlung, die sich für eine Regionalisierung ausgesprochenen habe, verfolge. „Genau das bringen wir auch in die politischen Gespräche ein“, so Köhler.