Landesverband warnt vor Terminengpässen
HEILBRONN - Der BVDD-Landesverband Baden-Württemberg sieht die Versorgung von Allergiepatienten stark gefährdet und macht dafür die zum 1. Juli 2010 in Kraft getretenen Änderungen in der Vergütungsordnung verantwortlich. Mit ihr ist in Baden-Württemberg eine gesonderte Honorierung allergologischer Leistungen, wie sie seit Jahrzehnten bestand, gestrichen worden.
„Die Allergologie, wie auch z. B. die Venenheilkunde sind sogenannte Zusatzbezeichnungen, die nach der Facharztausbildung durch eine 1,5 Jahre dauernde Zusatzausbildung an entsprechenden Kliniken oder spezialisierten Praxen erworben werden muss. Diese zusätzlichen Qualifikationen sind nun über Nacht entwertet worden und es ist zu befürchten, dass ohne jeglichen Anreiz der klinische Nachwuchs ausbleibt“, erklärt dazu der Heilbronner Hautarzt und BVDD-Landesvorsitzende in Baden-Württemberg, Dr. Bernd Salzer. Das bedeute, dass es in Zukunft immer mehr allergiekranke Menschen geben wird und immer weniger Ärzte, die noch bereit oder in der Lage sind, diese zu diagnostizieren oder eine entsprechende Behandlung durchzuführen.
Nach Angaben des BVDD-Landesverbandes sind 60 bis 70 % aller Allergologen Hautärzte. In dermatologischen Praxen werden täglich Tests zu allergischem Schnupfen, allergischem Asthma, Kontaktallergien, Medikamenten-Unverträglichkeiten – und auch bei Kindern und Jugendlichen durchgeführt. Nur wenige Kinderärzte verfügen auch über eine Zusatzausbildung „Allergologie“.
„Aufgrund des Wegfalls des qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets Allergologie verliert ein Großteil der Dermatologen in Baden-Württemberg ca. 15 % des Praxisumsatzes“, erläutert Salzer weiter. „Viele Praxen müssen dadurch Allergietests und allergologische Behandlungen verschieben oder an die nächste Klinik überweisen. Über diese Konsequenz unterrichten die allergologisch tätigen Dermatologen ihre Patienten inzwischen in einer Patienteninformation. Die Hautärzte in Baden-Württemberg wollen mit dieser Aktion auf den drohenden Versorgungsnotstand für allergologische Patienten aufmerksam machen.
Ein Ausweichen auf die Hautkliniken erscheint nach einer Umfrage des BVDD-Landesverbandes bei den Klinikleitern kaum machbar. Fast alle Angesprochenen hätten im Vorfeld geäußert, dass sie die Versorgung großer Mengen allergologischer Patienten aufgrund der in den Kliniken gegebenen Raum- und Personalsituation nicht bewerkstelligen können, berichtet der BVDD-Landesverband weiter. Gespräche mit dem Sozialministerium in Baden-Württemberg als Landes-Aufsichtsbehörde über die kassenärztliche Versorgung seien bislang erfolglos geblieben.
„Bleibt es bei der derzeitigen Situation, werden viele Patienten mit Allergien den Arzt wechseln, eine überfüllte Klinikambulanz aufsuchen oder auf allergologische Leistungen in Diagnostik und Therapie verzichten müssen“, fürchtet Salzer jetzt. „Wir bedauern diese Situation zutiefst und sind darüber entrüstet, dass insbesondere in einem so leistungsorientierten Land wie Baden-Württemberg zusätzliche Qualifikationen und hohe Ausbildungsstandards geradezu bestraft werden.“