Pilotbericht zur Depression zeigt Versorgungsdefizite auf
BERLIN - Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) will seine Arbeit stärker an den Erfordernissen der Versorgungsrealität orientieren. Dazu setzt er ein Pilotprojekt fort, das die mögliche Mangel-, Unter- und Fehlversorgung bei der Behandlung von Depressionen untersucht. Die dazu eingesetzte Arbeitsgruppe des Plenums wurde beauftragt, in Zusammenarbeit mit den zuständigen Unterausschüssen das erarbeitete Konzept bis zum Herbst 2011 zu vervollständigen und Empfehlungen für weitere Schritte abzugeben.
Der G-BA hatte im Februar 2010 beispielhaft für das Thema Depression eine Arbeitsgruppe mit der Entwicklung eines Verfahrens beauftragt, das sich stärker an der Versorgung orientiert und die im G-BA bearbeiteten Themenbereiche miteinander vernetzt. Insgesamt sichtete die vom Abteilungsleiter Fachberatung Medizin, Dr. Matthias Perleth, geleitete AG 2.078 Publikationen.
Nach der Beseitigung von Dubletten, Beiträgen zur Grundlagenforschung und methodisch wie inhaltlich unzureichenden Veröffentlichungen flossen die Ergebnisse von 94 wissenschaftlichen Beiträge in die Auswertung ein. Insbesondere bestehen keine aussagekräftigen Studien zur Versorgung durch nicht-medikamentöse bzw. nicht-psychotherapeutische Methoden, was Perleth durchaus auch als Hebel für eine qualifizierte Nutzenbewertung betrachtet.
Weiter ergab die Analyse, dass insbesondere bei Allgemeinärzten und Internisten depressive Störungen in den weitaus meisten Fällen (80% bis 90%) als unspezifische oder „sonstige depressive Störungen“ und nicht nach Schweregrad kategorisiert werden und nur 40-75% der Depressiven in Hausarztpraxen erkannt werden. Beträchtlich ist auch mit 12-18% die Rate der falsch positiven Befunde. Außerdem fand die Gruppe Hinweise, dass durch ein Therapiemonitoring von Depressiven mittels telefonischem Fallmanagement die Therapietreue verbessert und der Verlauf positiv beeinflusst werden kann.
Der jetzt vorgelegte Zwischenbericht kommt zu dem Ergebnis, dass es mit der in der AG erarbeiteten Vorgehensweise gut möglich ist, einen ersten orientierenden Überblick über ein Themengebiet zu bekommen, Versorgungsprobleme zu identifizieren und Handlungsfelder zu benennen. Allerdings verweist er auch auf die Begrenzungen des Verfahrens in methodischer Hinsicht und den hohen personellen Aufwand, den dieses Vorgehen erfordert. In der öffentlichen Plenardebatte monierte der GKV-Spitzenverband beispielsweise, die weitere Arbeit an den von den Krankenkassen geforderten „Qualitätsindikatoren“ der Behandlung sei durch den Aufwand für das Pilotprojekt über Monate blockiert worden.
Sollte auch der Abschlussbericht positiv aufgenommen werden, könnte die neue Systematik die bisherige Arbeitsweise des G-BA ergänzen, so der unabhängige Vorsitzende des G-BA, Dr. Rainer Hess. Zugleich könnten dann auch Weißbücher zur Versorgungslage in einzelnen Indikationen und Ergebnisse der wissenschaftlichen Versorgungsforschung mehr Gewicht als bislang erhalten, wie Perleth auf Nachfrage erläuterte.
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