Gesundheitspolitiker Söder zeigt Verständnis, KV-Boss Munte schämt sich

Gesundheitspolitik

Mediziner setzen sich gegen weitere Honorarkürzungen zur Wehr

MÜNCHEN/DRESDEN/OLDENBURG - Das desaströse 1. Quartal 2009 ist kaum überstanden, schon droht mit den Regelleistungsvolumen für das 2. Quartal eine weitere Kürzung der Honorare. Gegen diese Entwicklung protestierten Mediziner in Sachsen, Niedersachsen und Bayern mit Praxisschließungen und Großdemonstration.

Zu landesweiten Protest kam es am 24. März in Bayern. In mehreren Städten, so in München, Regensburg und Ingolstadt gingen zahlreiche Ärzte samt ihren Praxismitarbeitern auf die Straße.

Auf dem Münchener Marienplatz protestierten mehrere 100 Mediziner; die im Ärztenetz GO IN organisierten Ingolstädter Fachärzte informierten in der Innenstadt über die Folgen der Honorarreform. „Es gibt nur wenige, die mürrisch sind.“, freute sich Hautarzt Markus Stockmeier über das große Verständnis, dass die Bevölkerung dem Ärzteprotest entgegen bringt.

Bei einer Diskussionsveranstaltung im Ingolstädter Theater stellte sich Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder dem Ärzte-Protest. „Wir haben echte Chaostage im Gesundheitswesen“, sagte Söder und äußerte „volles Verständnis für den Unmut der niedergelassenen Fachärzte“. Söder versprach, für die bayerischen Ärzte zu kämpfen: „Wir wollen, dass kein Arzt weniger bekommt als vor der Reform.“


Mittelfristiges Ziel für die Union sei aber nach der Wahl mit einem neuen Koalitionspartner eine bürgerliche Gesundheitsreform zu machen. „Dafür ist es höchste Zeit. Wir sind auf dem Weg in die Staatsmedizin, der Arzt als Freiberufler wird verdrängt.“

Die bayerischen Ärzte setzten große Hoffnung in den CSU-Mann Söder: in München wurde ihm am Ende der Kundgebung sogar die Ehrenmitgliedschaft in die Gemeinschaft fachärztlicher Berufsverbände angetragen. Nur mit seinem Lob für die KV Bayern stieß Söder in München auf wenig Gegenliebe. Kein Wunder, sagte deren Vorsitzender Dr. Axel Munte doch der Süddeutschen Zeitung: „Ich schäme mich für eine Standesvertretung, die immer nur nach mehr Geld schreit, damit sich der Patient dafür Qualität kaufen kann.“

Munte, als KV-Funktionär nicht eben schlecht honoriert, fordert einen radikalen Umbau des Systems. „Wenn uns diese Reform nicht gelingt, sollten wir sie abschaffen und in eine privatwirtschaftliche Organisation überführen, ohne Zwangsmitgliedschaft und ohne Körperschaftsstatus.“

Auch in Dresden formierten sich am Mittwoch vor dem Kongreßzentrum rund 200 Ärzte verschiedener Fachrichtungen und ihr Personal zu einem Protestzug. Landesweit blieben die Praxen geschlossen. In einer Protestnote, die der Presse überreicht wurde und die von den Vorsitzenden der Berufsverbände der Dermatologen, HNO-Ärzte, Kinder- und Jugendärzte und Augenärzte unterzeichnet ist, wird deutlich gemacht, dass die aktuelle Gesundheitspolitik eine wohnortnahe Facharztversorgung massiv gefährdet.

Die sächsische BVDD-Vorsitzende Dr. Grit Richter-Huhn kritisierte besonders, dass die KV Sachsen die Bescheide über die RLVs für das zweite Quartal erst am 27. März mit vier-wöchiger Verspätung verschickt: „Die Folgen der von Gesundheitsministerin Christine Clauß angekündigten Verlustbegrenzung durch Umverteilung der Honorare sind noch nicht absehbar.“ , so Richter-Huhn.

Der niedersächsische Landesverband des BVDD hatte seine Mitglieder ebenfalls aufgerufen, am 25. März die Praxen geschlossen zu halten. Der Vorsitzende Dr. Martin Schlaeger freute sich über die große Resonanz, die die Aktion in den Medien fand und bedankte sich bei den Mitgliedern, die seinem Aufruf zur Praxisschließung gefolgt waren. Die Reaktion der KV Niedersachsen wurde von Schlaeger als „Beschwichtigung“ zurück gewiesen.

Ein Sprecher der KV hatte Journalisten eine Übersicht über die RLV nach Fachgruppen mitgeteilt und betont, dass die im zugrunde gelegten Fallwerte nicht mit den Fallwerten aus der alten Honorarwelt zu vergleichen seien. Die sinkenden Fallwerte für das zweite Quartal seien lediglich Folge einer Verschiebung der Osterferien.

Schlaeger stellte klar: „Eine reguläre Versorgung ist mit 17,95 Euro nicht mehr darzustellen.“ Für den 29. April kündigte Schlaeger einen fachübergreifenden Aktionstag in Zusammenarbeit mit der GfB an.