Bundespräsident Horst Köhler gerät wegen parlamentarischer Unregelmäßigkeiten unter Druck
Berlin - Der Druck auf Bundespräsident Horst Köhler wächst. Er soll der neuen Reformrunde im Gesundheitswesen seine Unterschrift verweigern. Der Ärztenachrichtendienst (änd) spekuliert, der Starttermin des Gesetzeswerkes müsse möglicherweise bis zum 1. Mai verschoben werden, weil die erforderliche Zeit zur Prüfung bis zum 1. April nicht ausreicht. Aus dem Bundespräsiddialamt gibt es dazu keinen Kommentar.
Der Sprecher der „Allianz deutscher Ärzteverbände“, Dr. Klaus Bittmann, hat den Bundespräsidenten darin bestärkt, das „Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbes in der Gesetzlichen Krankenversicherung“ nicht zu unterzeichnen. Bittmann erklärt in seinem Schreiben, die verfassungsrechtlichen Bedenken seien nicht ausgeräumt und ein Inkrafttreten des Gesetzes wäre „das Beschreiten eines Weges in eine Richtung, die nicht zu revidieren ist.“ Diese Unumkehrbarkeit der vorgesehenen Veränderungen im Bereich der Privaten Krankenversicherung und die dazu geäußerten massiven verfassungsrechtlichen Zweifel hätten durch die Gutachter der Bundesregierung nicht entkräftet werden können.
Darüber hinaus gebe das parlamentarische Verfahren, mit dem das „Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbes in der Gesetzlichen Krankenversicherung“ zu Stande kam, „großen Anlass zur Sorge über den Umgang mit dem Parlamentarismus im Allgemeinen und den frei gewählten Abgeordneten im Speziellen“. Selbst Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert, protokollarisch zweiter Mann im Staate, habe im Zusammenhang mit dem Zustandekommen des „Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbes in der Gesetzlichen Krankenversicherung“ parlamentarische Unregelmäßigkeiten eingeräumt.
„Haben Sie den Mut auch nur beim geringsten Zweifel Nein zu sagen“, so Dr. Bittmann an die Adresse Köhlers gewandt.
Druck macht auch die Freie Ärzteschaft. Sie hat flankierend, zu einer neuerlichen Protestwoche vom 19. bis 23. März, zu einer Unterschriftenaktion aufgerufen. In einem offenen Brief an Bundespräsident Horst Köhler wird vor allem auf die Tendenz zur Verstaatlichung des Gesundheitswesens und die datenschutzrechtlichen Probleme der Einführung der E-Card abgehoben.
Wörtlich heißt es in dem Schreiben: "Hätten Sie aber persönlich noch vor 20 Jahren für möglich gehalten, dass Sie einmal in die Situation kommen könnten, für unser Land ein Gesetz gegenzeichnen zu sollen und damit in Kraft treten zu lassen, das die umfassendsten persönlichen und gesundheitlichen Daten eines jeden Patienten für eine zentrale Datenverarbeitung erfassbar macht? Hätten Sie je erwartet, dass eine Vernetzung dieser Daten mit den biometrischen Daten eines jeden Bundesbürgers auf seinen Ausweispapieren eine noch vollständigere Überwachung und Kontrolle auch seines Gesundheitszustandes würde möglich werden lassen? Hätten Sie im Angesicht unserer deutschen Geschichte geglaubt, dass eine solche Lage jemals tatsächlich eintreten würde?"
In knapp vier Wohen seit der Verabschiedung des Wirtschaftlichkeitsstärkungsgesetzes im Deutschen Budnestag sammelten die Freie Ärzteschaft online und per Fax rund 44500 Unterstützer-Unterschriften.