Versorgungsgesetz: Einigung steht auf der Kippe
BERLIN - Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler ist in einer Zwickmühle: die Einigung, die die Koalition aus CDU/CSU/FDP zum Versorgungsgesetz erzielte, relativiert in einigen Punkten die Ergebnisse, auf die Rösler wenige Tage zuvor mit den Ländergesundheitsministern erreichte. Jetzt drohen die Länder, das Gesetz im Bundesrat scheitern zu lassen.
Ohne die Länder läuft beim Versorgungsgesetz nichts: das Gesetz ist zustimmungspflichtig, kann also ohne das Placet der Länder nicht in Kraft treten. Aus diesem Grund führte das Bundesgesundheitsministerium seit Monate parallele Verhandlungen: zum einen innerhalb der CDU/CSU/FDP-Fraktion, zum anderen mit den Gesundheitsministerien der Länder.
Nachdem zunächst von beiden Verhandlungsrunden Einigung vermeldet wurde, rudern die Länder jetzt zurück. Der Grund: in der Einigung, die die Koalition erzielte, wurden die Einflussmöglichkeiten der Länder auf die Bedarfsplanung stark zurecht gestutzt.
Der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz Stefan Grüttner (CDU, Hessen) fordert neue Verhandlungen. „Und zwar mit allen Parteien: Länder, Ministerium und Bundestagsfraktionen.“, sagte Grüttner der Ärztezeitung. Bremens Gesundheitsstaatsrat Hermann Schulte-Sasse (parteilos) wurde deutlicher: „Wenn Gesundheitsminister Rösler das Konzept nicht noch einmal wesentlich überarbeitete, dann zeigen ihm die Länder im Bundesrat geschlossen die rote Karte.“
„Insgesamt soll das gesamte Versorgungsgesetz dazu beitragen, dass der Arztberuf attraktiver wird, insbesondere in ländlichen Gebieten", erläuterte Bundesminister Philipp Rösler (FDP) nochmals die Zielsetzung des Gesetzesvorhabens. In seinem Haus war erstmals die Rede davon, dass es keinen grundsätzlichen Ärztemangel, sondern ein Verteilungsproblem zwischen Land und Ballungsgebieten gebe. Auf der Grundlage eines im Gesundheitsministerium erarbeiteten Positionspapiers konnte Rösler innerhalb der Regierungskoalition Konsens über das Versorgungsgesetz erzielen. Bis zuletzt zwischen CDU und FDP strittige Punkte im Gesetz, etwa die Regelung zur Führung von MVZ und der Umgang mit regionalen Gesundheitsnetzen wurden kurzerhand aus dem Gesetz genommen. Bei der Frage des Umgangs mit freiwerdenden Arztpraxen in überversorgten Gebieten wurde Einigung erzielt: die KVen dürfen Arztpraxen kaufen und auf eine Neuausschreibung des Sitzes verzichten. Dazu wird ihnen ein Vorkaufsrecht eingeräumt, das aber nicht gilt, wenn sich enge Familienangehörige um den Sitz bewerben. So bleibt das wirtschaftliche Interesse des Arztes an der Verwertung geschützt. Zudem dürfen die KVen Ärzte jeden Alters mit finanziellen Anreizen dazu bewegen, die Zulassung zurückzugeben.
Daneben enthält die Einigung ein Bündel von Einzelmaßnahmen, die schon zuvor in der Koalition unstrittig waren. Hauptziel ist, Ärzte in unterversorgte Gebiete zu locken. (DER DEUTSCHE DERMATOLOGE berichtete)
Röslers Zeitplan sieht vor, dass das Gesetz jetzt in das Gesetzgebungsverfahren entlassen wird: ein Referentenentwurf soll zunächst im Kabinett beschlossen und dann im Ausschuss beraten werden. Schon zum 1. Januar 2012 soll das Gesetz in Kraft treten.