Nach hitziger Debatte nicht mehr beschlussfähig

Gesundheitspolitik

KV BW garantiert 95% der Vorjahresumsätze – Medi fordert den Rücktritt der Leitung

STUTTGART - Mit den Auswirkungen der Honorarreform befasste sich eine Sonder-Vertreterversammlung der KV Baden-Württemberg. KV-Chef Dr. Achim Hoffmann-Goldmayer garantierte den Mitgliedern 95% der Vorjahresumsätze und verkündete damit eine Aussetzung der RLV und eine Rückkehr zu den Individualbudgets. Doch damit ist die Unruhe im Südwesten nicht beigelegt: Inzwischen fordert der MEDI-Verbund unter Führung des EX-KV-Vorstandsvorsitzenden Dr. Werner Baumgärtner den Rücktritt von Hoffmann-Goldmayer.

In einem Rundschreiben an die Vertragsärzte Baden-Württemberg wirft MEDI dem KV-Vorsitzenden Hoffmann-Goldmayer vor, „von Anfang an mit der Honorarpolitik“ überfordert gewesen zu sein. „Er hat nichts getan, um die jetzige katastrophale  Situation für unsere Praxen und die ambulante Patientenversorgung zu verhindern“, der Gipfel sei das Versenden der RLV gewesen, die statt eines von der Politik versprochen Plus in Baden-Württemberg ein Minus gebracht habe. Zu der Garantie von 95% der Vorjahresumsatz fragt MEDI: „Wie lange und bleibt das rechtssicher?“
Der Unmut der Vertragsärzte mit der KV-Politik zeigte sich schon bei der Vertreterversammlung am 31. Januar in Stuttgart. „Noch nie hat es in Baden-Württemberg einen vergleichbaren Zustrom von Kolleginnen und Kollegen zu einer Vertreterversammlung ihrer KV gegeben.“, stellte Dr. Birgit Clever, Vorsitzende der VV fest und machte damit die Brisanz des Themas deutlich. Hunderte von Ärzten waren gekommen, um ihrem Ärger über die Honorarreform Luft zu machen. „Hier in Baden-Württemberg ist nichts von den zusätzlichen 2,7 Mrd. € (das ist die zwischen der KBV und GKV-Spitzenverband ausgehandelte Honorarsteigerung für das Jahr 2009 zum Vergleichsjahr 2007) zu spüren. Die Ärzte fühlen sich verschaukelt!“, verdeutlichte Clever die Stimmung der Kassenärzte.
KV-Vorstand Hoffmann-Goldmayer verteidigte die Politik seiner Körperschaft: „Die Bundesregierung hat zu Lasten und gegen den Widerstand der baden-württembergischen Ärzte und Patienten die Vorgaben zur Honorarreform durchgesetzt, die KBV hat sie maßgeblich definiert und der Einheitliche Bewertungsausschuss hat die Beschlüsse zur Umsetzung gefasst.“, die KV BW habe nur eine von 17 Stimmen und sei schuldlos an der Entwicklung, so Hoffmann-Goldmayer.
Sein Vize Dr.  Wolfgang Herz musste aber einräumen, dass Baden-Württemberg zu den Verlierern der Reform zählt: statt 330,8 Millionen (Hausärzte) und 384,4 Millionen (Fachärzte) im 1. Quartal 2008 stünden 2009 nur 319 bzw. 382 Millionen zur Verfügung; Verwerfungen zwischen den Fachgruppen kämen hinzu. Als Konsequenz kündigte der KV-Vorstand an, die Systematik der RLV auszusetzen und den Ärzten ein Individual-Budget einzuräumen, dass 95% der Vorjahres-Einnahmen sichern soll.
Diese Ankündigung konnte die aufgeheizte Stimmung im Saal nur wenig dämpfen. Immer wieder kam es zu „Rücktritt“-Rufen gegen Hoffmann-Goldmayer. Nach mehrstündiger Diskussion forderte die VV den Vorstand einstimmig auf, die Öffentlichkeit mit einer Anzeigen-Kampagne zu informieren. 29 der zu diesem Zeitpunkt noch 32 anwesenden Vertretern stimmten für eine Resolution, die die Honorarpolitik des Vorstandes missbilligt. Eine Rücktritts-Aufforderung an die Adressse Hoffmann-Goldmayers kam aber nicht zu Stande: nachdem mehrere der insgesamt 50 stimmberechtigten Delegierten vor der Abstimmung den Saal verlassen hatten, war die Versammlung nicht mehr beschlussfähig. Die nächste Vertreterversammlung ist auf den 11. Februar terminiert. MEDI sieht eine „schwindende Mehrheit einer sich selbst so bezeichnenden Non-MEDI Koalition“, die so ehrlich sein sollte, sich bei einer namentlichen Abstimmung für oder gegen einen Verbleib Hoffmann-Goldmayers zu outen.