Verbraucherzentralen fordern radikalen Umbau der PKV

Gesundheitspolitik

Schafft sich die private Krankenversicherung selbst ab?

BERLIN - Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) fordert einen radikalen Umbau der privaten Krankenversicherung. Nach einer bundesweiten Auswertung von Beschwerden von Privatversicherten fordert der Verband Gesundheitsminister Daniel Bahr mit einem Positionspapier auf, die Bedingungen von PKV und GKV anzugleichen.

„Die PKV muss sich bewegen, will sie sich nicht sukzessive selbst abschaffen", twittert der vzbv-Vorstand Gerd Billen und unterstreicht damit die in einer Pressemitteilung verbreiteten Forderungen.

 

In den vergangenen drei Monaten haben die Verbraucherzentralen bundesweit über 140 Beschwerden von Betroffenen über Beitrags- und Wechselprobleme in der privaten Krankenversicherung (PKV) ausgewertet. „Unsere Befürchtungen wurden weit übertroffen“, bilanziert Michael Wortberg, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.

„Privatkassen erhöhen teilweise massiv die Beiträge und erschweren einen Wechsel in kostengünstigere Tarife", so lautet der Vorwurf. Der vzbv und die Verbraucherzentralen fordern die Bundesregierung auf, den Wechsel in einen günstigen Tarif beim Versicherer zu vereinfachen und allen PKV-Versicherten den Wechsel zu einem anderen Anbieter zu ermöglichen. Darüber hinaus sei eine grundlegende Reform der privaten Krankenversicherung überfällig, so die Meinung des Verbandes.

 

Nach Angaben des vzbv hat es zum Jahreswechsel eine Beitragsexplosion in der PKV gegeben: im Schnitt seien die Beiträge um 23,9 Prozent gestiegen. Besonders negativ seien die Central Krankenversicherung und die Gothaer Versicherung mit einer durchschnittlichen Erhöhung von 28,4 Prozent beziehungsweise 26,4 Prozent aufgefallen. Negative Spitze war eine Erhöhung um 60 Prozent bei der Central.

 

Der Verband privater Krankenversicherungen wies die Vorwürfe entschieden zurück. Verbandsdirektor Volker Leienbach sagte: „Dass die Verbraucherzentrale aus bundesweit 144 Beschwerden bei insgesamt 9 Millionen Privatvollversicherten allen Ernstes Schlussfolgerungen über angebliche Systemfehler der PKV ziehen will, ist schlicht unseriös. Mehrere unabhängige Branchen-Analysedienste haben aktuell einen Beitragsanstieg in der PKV von durchschnittlich nur rund 2 Prozent festgestellt. Das Analysehaus „Morgen & Morgen“ hat sogar nachgewiesen, dass es für rund 45 Prozent der PKV-Tarife 2012 gar keine Beitragserhöhung gibt.“

 

Noch deutlicher wurde Leienbach zu einer Aussage des AOK-Bundesvorsitzenden Jürgen Graalmann.

„Die abfälligen Äußerungen des Vorsitzenden des AOK- Bundesverbandes über die private Krankenversicherung (PKV) haben mit der Realität nichts zu tun. Wider besseres Wissen erfindet Herr Graalmann ein Horrorszenario, das durch nichts belegt ist.“ Graalmann hatte in einem Interview mit dpa die Abschaffung der PKV gefordert. Dazu sagte Leienbach: „Dass der Repräsentant einer privilegierten öffentlich-rechtlichen Körperschaft wie der AOK wahrheitswidrig einen privatwirtschaftlichen Wettbewerber schlechtredet, ist eine üble Entgleisung. Wenn in der freien Wirtschaft ein Unternehmen so etwas über ein anderes sagen würde, wären Schadenersatzansprüche fällig.“