Vorstoß von Ärztepräsidenten Hoppe sorgt für Irritationen

Gesundheitspolitik

Müssen Gesundheitsleistungen rationiert werden?

BERLIN - Im Vorfeld des 112. Deutschen Ärztetages in Mainz sorgt ein Vorstoß des Vorsitzenden der Bundesärztekammer Prof. Jörg-Dietrich Hoppe für Wirbel. „Nach zwei Jahrzehnten Kostendämpfungspolitik kann der berechtigte Anspruch der Patienten auf eine qualitativ hochwertige Gesundheitspolitik nicht mehr rückhaltlos gewährleistet werden.“, konstatiert Hoppe in einem Positionspapier zum Ärztetag. Als Konsequenz erneuerte Hoppe die im „Ulmer Papier“ des letztjährigen Ärztetages festgeschriebene Forderung nach der Einführung eines Gesundheitsrates. Dieser Rat aus Ärzten, Ethikern, Juristen und Patientenvertretern soll eine Prioritätenliste erarbeiten, welche Leistungen weiterhin von den Kassen bezahlt werden sollen.

In mehreren Interviews präzisierte Hoppe seinen Vorschlag. Der Frankfurter Rundschau sagte Hoppe: „Menschen, die in höchster Not sind und Schmerzen haben, sollen an erster Stelle bedacht werden. Die, deren Eingriff man planen kann und die weniger leiden, werden an die zweite Stelle gesetzt. Wellness und alles, was Wunschmedizin ist, wird nicht mehr erstattet.“ Gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung verwies der Ärztepräsident darauf, dass „die Methode international erprobt ist. Sie funktioniert in Großbritannien und skandinavischen Ländern, in Neuseeland, Australien und teilweise in den USA.“

Unterstützung erhielt Hoppe von Dr. Andreas Köhler. „Ein Gesundheitsrat kann mit dem Sachverstand der Ärzte und anderer Berufsgruppen wichtige Impulse beisteuern“, sagte der KBV-Vorsitzende. Dagegen wiesen das Bundes-Gesundheitsministerium und die gesetzlichen Krankenkassen den Vorschlag umgehend zurück. „Wenn die Gesundheitspolitik etwas nicht benötigt, dann ein neues Gremium, um realitätsferne, apokalyptische Vorstellungen zu besprechen“, erklärte der Sprecher des BMG Klaus Vater. Auch der Spitzenverband der GKV war nicht zu begeistern: „Mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss haben wir eine gute und bewährte Institution, die innerhalb der gesetzlichen Vorgaben über den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung entscheidet“, sagte GKV-Sprecher Florian Lanz zu dpa. Versuche der Ärztekammer, Leistungen zu streichen, gingen in die falsche Richtung. „Wir wollen notwendige Leistungen finanzieren und nicht danach suchen, was gestrichen werden könnte.“

Hoppe wiederum wies die Kritik zurück. Gegenüber der „Neuen
Passauer Presse“ sagte er: „Wir machen einen Vorschlag, wie man den Mangel am besten und das heißt auch klar und ehrlich verwaltet – mehr nicht.“