Hautarztinitiative will bis 2015 Versorgung deutlich verbessern
BERLIN - Die medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Schuppenflechte ist bislang oft schwierig. Die Behandlung stützt sich weitgehend auf kortisonhaltige Salben, wie Prof. Matthias Augustin, Leiter des Centrums für Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm) anlässlich des 8. Welt-Psoriasistages verdeutlichte. Dermatologen können allenfalls off label innerliche Medikamente verordnen, die für Erwachsene zugelassen sind, tragen dann aber das Haftungsrisiko.
Darüber hinaus wird die Versorgung von Kindern durch verzögerte und unzulängliche Diagnosestellung belastet, wie bei der Pressekonferenz in Berlin BVDD-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Stavermann und seine Berliner Kollegin Dr. Margit Simon verdeutlichten. Beide sind auch Mitglied in einem regionalen Psoriasis-Netzwerk, das durch fachübergreifende Kooperationen eine leitliniengerechte Therapie flächendeckend etabliert soll.
Seit rund zwei Jahren schließen sich unter dem Namen PsoNet bundesweit immer mehr Hautärztinnen und Hautärzte zu solchen regionalen Expertennetzwerken zusammen, um die Versorgung von Schuppenflechtepatienten zu verbessern.
Das Berliner PsoNet ist Teil einer bundesweiten Initiative der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) und des Berufsverbands der Deutschen Dermatologen (BVDD), die mit Unterstützung des CVderm bis zum Jahr 2015 erstmals messbare Versorgungsziele erreichen will. Diese an der ersten S3-Leitlinie zur Psoriasis orientierte Zielprojektion schließt die qualifizierte Versorgung von Kindern ein: „Kinder mit Psoriasis werden frühzeitig behandelt und erlangen eine gute Lebensqualität", lautet die gemeinsame Selbstverpflichtung.
Medizinische Studien zur Lebensqualität haben bislang die Beeinträchtigungen für Psoriasis-Patienten überwiegend auf der Grundlage von Querschnittsdaten und Momentaufnahmen quantifiziert. Sie belegen: Kinder und Erwachsene mit Schuppenflechte weisen ein doppeltes Risiko für Begleiterkrankungen, wie z. B. für Fettsucht (Adipositas), Depression und Bluthochdruck auf, wie Augustin weiter darstellte.
Den seelischen Stress, der mit einer Schuppenflechteerkrankung verbunden ist, schilderte im Tagungszentrum der Bundespressekonferenz, Marlen Utesch. Mit 12 Jahren kam bei der angehenden Stadtplanerin die Erkrankung zum Ausbruch – und wurde prompt falsch diagnostiziert. Zunächst waren nur die Handinnenflächen betroffen. Wie sich erst später herausstellte, liegt die genetische Veranlagung zur Schuppenflechte wie bei vielen anderen Psoriatikern in der Familie begründet.
„Kein schöner Anblick und äußerst unangenehm beim Sport oder an kalten Wintertagen", erinnert sich die junge Frau an die Jugendjahre, als sich ihr Krankheitsbild verschlimmerte und Entzündungsherde die Haut großflächig überzogen. „Als Teenager hat man es nicht sehr leicht mit einer offensichtlichen Hautkrankheit. Mitschüler können sehr grausam sein.“
Das andauernde Gefühl, von ihrer Krankheit gezeichnet zu sein und nicht wirklich „dazu zu gehören“ , machte ihr zu schaffen. Ihre Freundinnen habe sie erst einmal überzeugen müssen, dass eine Psoriasis nicht ansteckend ist.
„Heute sieht mir keiner an, dass ich Psoriasis habe", schildert sie anlässlich des 8. Welt-Psoriasistages vor rund einem Dutzend Journalisten. „Wenn man ganz genau schaut, kann man die Stellen noch sehen – aber man kann sie auch schnell übersehen.“
Marlen Utesch hat erst als junge Erwachsene nach einer langen Zeit des Suchens ein Medikament gefunden, mit dem sie ganz zufrieden ist, wohl wissend, dass Psoriasis immer noch lebenslänglich bedeutet und der augenblickliche Hautzustand sich jederzeit schubweise verschlimmern könnte.
„Natürlich wäre ich immer noch gern ganz gesund und „normal“, aber ich habe inzwischen akzeptiert mit der Krankheit zu leben", sagt sie. Einen wichtigen Anstoß in diese Richtung gab ein Jugendcamp, dass der Deutsche Psoriasis Bund im vergangenen Jahr erstmals veranstaltet hat. Die Gespräche unter Gleichaltrigen mit dem gleichem Schicksal und mit den begleitenden Psychologen haben bei ihr ein Umdenken in Gang gesetzt.
Der Deutsche Psoriasis Bund unterstützt „als Interessensvertretung und Sprachrohr der Schuppenflechte-Patienten in Deutschland die konsentierten Versorgungsziele“, wie sein Geschäftsführer Hans-Detlev Kunz in Berlin unterstrich. Nur auf einer gesicherten Forschungs- und Datenbasis bei gleichzeitiger Förderung der sozialen Kompetenz könne die Versorgung langfristig für junge Patienten verbessert werden. „Kinder und Jugendliche zu selbstbewussten Experten für ihre individuelle Schuppenflechte zu machen, bleibt Auftrag in der Versorgung gesetzlich Versicherter", sagte Kunz.