Neurodermitis ist mit bis zu drei Prozent Betroffenen in Deutschland auch eine im Erwachsenenalter häufige chronische Krankheit. Schulungen sind bisher aber vor allem auf Kinder ausgerichtet. Die Funktionsoberärztin in der Abteilung für Immundermatologie und experimentelle Allergologie an der Universitätshautklinik Hannover hat sich deshalb im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Neurodermitisschulung für Erwachsene (ARNE) für die Entwicklung und Umsetzung eines Schulungsprogramms für erwachsene Neurodermitiker eingesetzt.
„Die ambulante Versorgungssituation erkrankter Erwachsener ist aktuell noch unzureichend und die Lebensqualität deutlich beeinträchtigt“, erläutert sie den Ansatz von ARNE. Und ARNE wirkt, wie die Preisträgerin in einer bundesweiten multizentrischen Studie gezeigt hat, an der neben ihrer Abteilung für Immundermatologie und experimentelle Allergologie der Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie an der Medizinischen Hochschule Hannover auch das Institut für Medizinische Psychologie der Justus-Liebig-Universität Gießen, die Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie Gießen und das Universitätsklinikum Gießen und Marburg mitgewirkt haben. Geschulte Patienten können besser mit ihrem Juckreiz umgehen, haben geringere soziale Ängste und weisen eine insgesamt deutlich höhere Lebensqualität auf als ungeschulte. „Besonders hervorzuheben ist, dass trotz des meist langjährigen, chronischen Krankheitsverlaufes durch die Schulung eine signifikant stärkere Verbesserung des Hautzustandes erreicht werden konnte“, betont Heratizadeh.
ür ihr Engagement hat sie bei der „Dermatologischen Praxis“ den mit 3000 Euro dotierten „Preis für Patientenkommunikation in der dermatologischen Versorgung“ erhalten. „Für uns als Preisstifter hat die Patientenkommunikation ebenso großes Gewicht wie für Sie als Hautärzte“, unterstrich Dr. Hans Joachim Hutt für den Preisstifter LEO Pharma vor mehreren hundert Dermatologen.
„Die Dermatologische Praxis ist bereits seit 15 Jahren Schauplatz einer hochqualifizierten fachärztlichen Fortbildung speziell für die niedergelassenen Dermatologinnen und Dermatologen. Sie bietet der Fachgruppe darüber hinaus aber auch ein Forum, immer wieder neu ihr Leistungsspektrum und ihre Kompetenzen darzustellen“, so Tagungspräsident Dr. Klaus Fritz. „Daher hat der Preis für Patientenkommunikation einen festen Platz im Tagungsprogramm.“
Für die neu geschaffene und jetzt erstmals verliehene Auszeichnung wurden Projekte und Initiativen gesucht, die beispielhaft für die Bemühungen stehen, hautkranke Menschen im weitesten Sinne beim Umgang mit ihrer Erkrankung zu unterstützen.
Die weiteren eingereichten Projekte in Kurzform:
App optimiert die Kommunikation mit Psoriasispatienten
Mit einem neuen digitalen Angebot will das Psoriasis-Praxisnetz Süd-West die Kommunikation mit den Schuppenflechte-Patienten verbessern. Dazu hat das innerhalb der bundesweiten PsoNet-Struktur größte Versorgungsnetz in Deutschland eine App entwickelt. „Kernelement der App ist eine qualifizierte Psoriasis-Arztsuche, die es den Nutzern ermöglichen soll, gezielt den passenden Dermatologen zu finden“, erläutert Dr. Dirk Maaßen, Vorsitzender des PPN Süd-West, dem rund 220 Hautärzte in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland angehören. Mit der App will das Netz nicht nur der Nachfrage nach einem passenden Psoriasisexperten begegnen, sondern auch das Angebot der beteiligten Dermatologen in der Szene der Betroffenen bekannt machen.
Der Patient kann angeben, in welchem geografischen Umkreis er einen Psoriasisnetzarzt sucht, welche Therapiemöglichkeiten er erwartet und ob er gesetzlich oder privat versichert ist. Anhand dieser Auswahlmöglichkeiten erhält der Patient eine Liste mit entsprechenden Vorschlägen. Für jeden vorgeschlagenen Arzt kann er eine Seite öffnen, auf der sich genauere Angaben zur Praxis befinden: Öffnungszeiten, angebotene Therapien und die genaue geographische Lage. „Durch die Integration von Google Maps in der App kann sich der Patient eine Wegbeschreibung erstellen lassen. Ebenso kann der Arzt direkt aus der App heraus angerufen werden“, so Maaßen. Als weitere Funktion bietet die App die Möglichkeit, News aus dem Psoriasis-Praxisnetz Süd-West zu erhalten. Die App steht sowohl für IOS- sowie für Android-Smartphones zur Verfügung und wird über die entsprechenden App-Stores angeboten.
Süße Motivation zur Hautkrebsfrüherkennung
Die Nachfrage nach dem Hautkrebsscreening auf einfache und zugleich schmackhafte Art erhöht Dr. Michael Schnicke: Der Bonner Hautarzt legt in seinem Wartezimmer Schokoladentaler mit einem hohen Kakaogehalt von 71 Prozent aus, damit die Schokolade möglichst dunkel ist. Der Clou dabei ist die speziell für Schnickes Hautarztpraxis entworfene Verpackung. Auf dem Rand steht „Dunkle-Flecken – Haut checken“. In der Mitte prangt sein Praxislogo. „Der allgemeine Patientenzuspruch aus dem Wartezimmer ist enorm“, erläutert Schnicke. Man müsse nicht nur allabendlich rund 40 Taler nachfüllen, auch die Nachfrage nach dem Hautkrebsscreening sei deutlich angestiegen. Sollten Kolleginnen und Kollegen interessiert sein, „kann jeder sein individuelles Logo in der Mitte des Schokoladentalers platzieren“, so der Hautarzt, der dazu mit einem Hersteller für handgemachte Schokolade zusammenarbeitet.
Eigenregie fördern – Schuppenflechte verbessern
„Seit einigen Jahren bieten wir im Dermacenter Witten als federführende Praxis des Psonet Ruhr ein komplexes Therapie- und Schulungskonzept für unsere Psoriasispatienten an“, erläutert Praxisinhaber Dr. Ulrich Klein. Ziel ist, die Patienten zu motivieren, sich mit ihrer Krankheit auseinanderzusetzen, um zu erlernen, einzelne Symptome besser einschätzen zu können. „Der Patient soll merken, dass er in Eigenregie selbst sehr viel für eine Verbesserung der Krankheit machen kann“, betont Klein mit Blick auf die Begleiterkrankungen der Schuppenflechte wie insbesondere das metabolische Syndrom, aber auch die Psyche, die oft in Mitleidenschaft gezogen wird.
Das Therapie- und Schulungskonzept des Dermacenter-Witten umfasst die klassische Dermatologie inklusive Balneophototherapie und Biologikabehandlung, viermal je zwei Stunden Psoriasisschulung in der Gruppe mit einer Einheit Psychologe und die Möglichkeit der kurzfristigen Vorstellung in einer gemeinsamen Sprechstunde mit einem Rheumatologen. Darüber hinaus wird besonders im Hinblick auf eine Gelenkbeteiligung, Adipositas, Diabetes, Hyperurikämie, Fettstoffwechselstörung und Hypertonie eine Ernährungsberatung durch eine Diplom-Ökotrophologin und Klein selbst angeboten, der ein Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) hat.
Hinzu kommen regelmäßige Patientenseminare, die Teilnahme der Patienten am PsoBest-Register sowie Raucherentwöhnung mit Akupunktur und Bioresonanztherapie. „Durch dieses große Maßnahmenpaket haben unsere Patienten eine ausgezeichnete Motivation, sich aktiv mit ihrer Erkrankung auseinanderzusetzen und aufgeklärt die Therapie und den Behandlungserfolg mit zu bestimmen“, unterstreicht Klein.
Gesundheitsforum für eine vitale Stadt
Vitalität, Entspannung und Wohlbefinden – für diese drei Ziele setzen sich die Mitglieder des Arbeitskreises „City Gesundheit Mainz“ ein, zu denen auch Hautarzt Dr. Wolfgang Klee gehört. Die Initiative setzt mit Hilfe vernetzter Strukturen Projekte für die Gesunderhaltung der Bürger mitten in Mainz um. „Bei den Veranstaltungen sind neben Dermatologen viele kompetente Ansprechpartner dabei, die schnell und unkompliziert Fragen beantworten und gut umsetzbare Informationen geben“, erläutert Klee. Neben Hautärzten, die vor allem in Sachen Hautkrebsvorsorge und -früherkennung aufklären, sind Ärzte anderer Fachgruppen ebenso mit von der Partie wie Fitness Center, Krankenkassen, der Landes Sportbund, die Stadt Mainz, Rettungsdienste und das Netzwerk seelische Gesundheit. Positiver Nebeneffekt der Aktionen: „Für uns Dermatologen sind Netzwerkbildung und kommunikative Strukturen wichtig“, betont der Mainzer Hautarzt, „so können wir uns auch hervorragend in der Öffentlichkeit darstellen.“
Direkte Ansprache zur Krebsvorsorge
Mit dem Start einer Hautkrebs-Gesundheitskampagne im November letzten Jahres will Dr. Angelika Rietz „eine wesentliche Verbesserung im Schutzverhalten der Bevölkerung gegenüber der Sonneneinstrahlung und geringere Raten von Sonnenbränden“ erreichen. Dazu wurden Flyer an über 30 Unternehmen in München und Umgebung versendet, mit der Möglichkeit, den Mitarbeitern zu Weihnachten einen Gutschein zur Hautkrebsfrüherkennung zu schenken. Sie enthielten zudem den Hinweis, dass dieses Angebot insbesondere für Mitarbeiter sinnvoll ist, die viel beziehungsweise überwiegend draußen arbeiten. „Vorteile der Kampagne“, so Rietz, „ist die direkte Ansprache zur Krebsvorsorge und Krebsvermeidung.“
Nach Angaben der Dermatologin wird in Folge der Kampagne in einem Münchener Modeunternehmen ein Gesundheitstag ins Leben gerufen, an dem sie einen Vortrag zur Hautkrebsprävention halten wird. „Darüber hinaus werden 2017 Vorträge zum Thema an diversen Schulen stattfinden“, erläutert die Münchener Hautärztin. Außerdem sind mit zwei regionalen Tageszeitungen im Frühjahr Medienkampagnen zur Hautkrebsvermeidung geplant.
wha/BVDD