„Das Vorgehen der Viactiv im Rahmen der Verordnungsprüfung von Therapieallergenen hat zu einem völlig zerrütteten Verhältnis zwischen der Kasse und den betroffenen Fachärztinnen und Fachärzten insbesondere für Dermatologie geführt“, begründet BVDD-Präsident Dr. Ralph von Kiedrowski den drastischen Schritt. Auch die anderen Vertragsteilnehmer wie die Techniker Krankenkasse, die den seit dem 1. Januar 2022 geltenden Selektivvertrag maßgeblich mit dem BVDD verhandelt hatte, seien massiv irritiert vom Vorgehen der Viactiv, so von Kiedrowski. Die Kasse ist bis heute nicht der mehrmaligen Aufforderung des BVDD nachgekommen, alle gegen Dermatologinnen und Dermatologen eingeleiteten und anhängigen Regressverfahren wegen einer allergenspezifischen Immuntherapie (AIT) schriftlich bei den gemeinsamen Prüfeinrichtungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen zurückzunehmen.
„Es kann nicht sein, dass Dermatologinnen und Dermatologen im Rahmen des DermaOne-Vertrages mit viel Aufwand Versicherte derjenigen Kasse versorgen, die ihnen gleichzeitig mit Regressanträgen das Leben schwer macht. Grundlage eines solchen Selektivvertrages ist immer die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Vertragspartner“, betont der BVDD-Präsident. Da auch ein Gespräch mit dem Viactiv-Vorstand im Juli dieses Jahres bislang ohne Reaktion auf die Forderungen des BVDD geblieben ist, sieht der Berufsverband der Deutschen Dermatologen sämtliche Bemühungen, zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen, als gescheitert an. „Unter Berücksichtigung aller Umstände ist es Dermatologinnen und Dermatologen nicht länger zumutbar, einen Versorgungsvertrag mit einer derart versorgungsfeindlich eingestellten Kasse umzusetzen“, sagt von Kiedrowski. Das Kündigungsschreiben ist Ende Oktober an die Viactiv-Krankenkasse verschickt worden. Ob in einem weiteren Gespräch die Krankenkasse den Forderungen des BVDD nachkommen wird, ist ungewiss. Sollte dies doch noch der Fall sein, kann über eine Fortführung des DermaOne-Vertrages mit der Viactiv noch einmal nachgedacht werden.
Hintergrund
Mit den unrechtmäßigen Regressanträgen begonnen hat die Viactiv Anfang 2022. Nach dem gemeinsamen Protest verschiedener allergologischer Fachverbände lenkte die Viactiv am 6. April 2022 zum Teil ein. Die Kasse versprach, bei den Prüfeinrichtungen nicht auf eine Regressierung und monetäre Rückzahlung zu bestehen, sondern eine Beratung der Ärztinnen und Ärzte zu fordern. Schon dies war aus Sicht des BVDD nicht ausreichend, da die Kasse die Regressdrohungen nicht ganz fallen ließ. Außerdem kündigte die Viactiv schon damals an, Neuverordnungen der beanstandeten Therapieallergene ab dem 1. April 2022 wieder den Prüfstellen mit einem Regressantrag zur Prüfung vorzulegen.
Zu Therapieallergenen
Therapieallergene sind grundsätzlich zulassungsfrei, es sei denn, sie unterliegen der Therapieallergene-Verordnung (TAV). Für diese Therapieallergene gilt jedoch eine Übergangsregelung. Nach § 3 TAV dürfen Therapieallergene weiterhin ohne Zulassung in den Verkehr gebracht werden, sofern sie bei Inkrafttreten der TAV hergestellt wurden und unter Berücksichtigung der Vorgaben eine entsprechende Anzeige erfolgte und ein Antrag auf Zulassung gestellt wurde. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) veröffentlicht jährlich eine Liste der Therapieallergene, die zwar noch keine Zulassung haben, aber laut PEI verkehrsfähig sind und unter die Übergangsregelung fallen. Die Viactiv vertritt die Ansicht, dass diese Therapieallergene grundsätzlich nicht zulasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden dürfen, obwohl dies seit 2008 durch die TAV klar geregelt ist. Die Kassenärztliche Bundevereinigung hat in einer Stellungnahme vom 16. März 2022 nochmals an alle Prüfstellen klargestellt, “dass nach der bestehenden Rechtslage Therapieallergene grundsätzlich zu Lasten der GKV verordnungsfähig sind – und zwar auch diejenigen, die unter die Übergangsregelung des § 3 der Therapieallergene-Verordnung fallen. Ein anderweitiges Verständnis ist ein bewusstes Missverstehen der TAV.”
Über DermaOne
DermaOne soll die leitliniengerechte Versorgung von Menschen mit der Diagnose mittelschwere bis schwere Psoriasis (Schuppenflechte) und/oder mittelschwere bis schwere Neurodermitis verbessern. Der bundesweit seit dem 1. Januar 2022 geltende Vertrag ist konzipiert für Patientinnen und Patienten, die eine indikationsgerechte Behandlung mit Biologika, PDE-4-Hemmern, JAK-Inhibitoren oder Fumaraten erhalten. Attraktiv für Krankenkassen ist der Vertrag, da auch rabattierte Arzneimittel im Fokus stehen. Neben der Techniker Krankenkasse sind zehn weitere Krankenkassen an dem Vertrag beteiligt – darunter bis dato auch die Viactiv.
Über den Berufsverband der Deutschen Dermatologen e. V. (BVDD)
Der Berufsverband der Deutschen Dermatologen e. V. (BVDD) ist der Zusammenschluss der in Deutschland niedergelassenen Hautärztinnen und Hautärzte zur Vertretung ihrer wirtschaftlichen und sozialpolitischen Interessen. Der BVDD hat rund 3.800 Mitglieder und setzt sich aktiv für verbesserte Rahmenbedingungen zur Versorgung hautkranker Menschen ein, fördert den Nachwuchs in der Dermatologie und beteiligt sich an den großen gesundheitspolitischen Diskussionen rund um Versorgungsinnovationen, medizinischen Fortschritt und neue Technologien wie Telemedizin, für die die Dermatologinnen und Dermatologen in Deutschland ungeschlagen die Vorreiterrolle innehaben. Zu den klassischen Aufgaben des Berufsverbandes der Deutschen Dermatologen gehören zudem Schulungen und Weiterbildungen für seine Mitglieder. Mehr unter: www.bvdd.de
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