Pressemitteilung 01/2023 • Steigende Zahl an Hautkrebs-Fällen wird ignoriert: Abwertung der häufigsten ambulanten Hautkrebs-Operationen schwächt die Versorgung

BERLIN –

Der BVDD warnt vor einer Verschlechterung der ambulanten Versorgung von gesetzlich versicherten Hautkrebs-Patient:innen. Ursache ist die seit Beginn des Jahres geltende Abwertung bei den sogenannten „kleinen Haut-Operationen“ im

EBM. Durch die hohe Anzahl an Hautkrebsfällen stellen diese Operationen die häufigsten operativen Eingriffe in den dermatologischen Praxen dar. Gleichzeitig weist BVDD-Präsident Dr. Ralph von Kiedrowski die Kritik von Bundesgesundheitsminister Lauterbach an den HNO-Ärzt:innen zurück und fordert den Minister auf, endlich populistische Falschaussagen zu unterlassen.

„Wir erleben zurzeit eine beispiellose Schwächung unserer Praxen im Bereich der am häufigsten ambulant durchgeführten dermatologischen Operationen. Die Abwertung der sogenannten kleinen OPs wird die Versorgung unserer Hautkrebspatientinnen und -Patienten nachhaltig verschlechtern – und das vor dem Hintergrund einer stetig steigenden Zahl an Hautkrebsfällen im Rahmen des Klimawandels“, warnt BVDD-Präsident Dr. Ralph von Kiedrowski. Gleichzeitig begrüßt er den OP-Protest der niedergelassenen HNO-Ärztinnen und -Ärzte. Diese vergeben als Reaktion auf die Abwertung der OP-Ziffern im EBM für ambulant durchgeführte Mandeloperationen bei Kindern momentan keine neuen Termine für den Eingriff.

Während die Mandeloperationen bei Kindern jedoch seltener als Hautkrebsoperationen ambulant durchgeführt werden, trifft die am 1. Januar 2023 in Kraft getretene Abwertung des Punktwertes der dermatochirurgischen Ziffern für Eingriffe der Kategorie A1 und A2 die operierenden Dermatologinnen und Dermatologen ungleich härter. „Die beiden Eingriffe bilden nicht nur ein wichtiges wirtschaftliches Standbein für dermatologische Praxen, sondern sind aufgrund ihrer Häufigkeit auch Beleg für die enorme Versorgungslast beim Hautkrebs, die Dermatologinnen und Dermatologen zu schultern haben. Mit Blick auf die steigenden Energie- und Personalkosten, die dauerhaft hohe Inflation und eine lächerlich niedrige Honorarerhöhung können die Leistungen jedoch kaum noch wirtschaftlich und qualitativ hochwertig erbracht werden“, so von Kiedrowski. Das Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP) schätzt, dass jährlich mit rund 500.000 neu auftretenden Fällen von Hautkrebs gerechnet werden muss – Tendenz nach wie vor steigend¹. Die meisten werden ambulant in den Praxen mit kleinerenOperationen versorgt, was bei den häufig älteren Patienteninnen und Patienten auch Kosten im stationären Sektor einspart.

Vor diesem Hintergrund kann auch die gleichzeitig zum Jahresbeginn erfolgte Aufwertung größerer dermatochirurgischer Eingriffe der Kategorien A3 bis A7 die zunehmende Unwirtschaftlichkeit bei den kleineren Operationen nicht kompensieren. Dazu werden diese im Vergleich zu selten durchgeführt. „Wir befürchten, dass es unter diesen Umständen künftig eine deutlich stärkere Priorisierung bei den operativen Eingriffen geben wird und damit in vielen Fällen längere Wartezeiten unumgänglich sind“, kündigt der BVDD-Präsident an.

„Daran wird im Übrigen auch das anhaltende Bashing von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten durch den Bundesgesundheitsminister nichts ändern“, so von Kiedrowski mit Blick auf die Reaktion Lauterbachs auf den OP-Protest der HNO-Ärztinnen und -Ärzte. „Den Kolleginnen und Kollegen unethisches Verhalten vorzuwerfen, ist angesichts der Unwahrheiten, die der Minister via Boulevard-Medien verbreitet, geradezu grotesk. Die Wahrheit ist, dass die Kliniken Milliarden zur Unterstützung erhalten, während der ambulante Sektor unter immer schwierigeren Rahmenbedingungen die Hauptlast der Patientenversorgung zu tragen hat – ohne jeglichen Ausgleich. Das verschweigt der Minister geflissentlich und entfacht stattdessen wiederholt eine billige Neiddebatte auf dem Rücken hoch qualifizierter Ärztinnen und Ärzte. Dies ist das völlig falsche Signal an den ambulanten Versorgungsbereich“, so der BVDD-Präsident, der auch die SpiFa-Forderung nach Endbudgetierung des ambulanten Sektors unterstützt und fordert.

 

Hintergrund:

Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband haben ein erstes Maßnahmenpaket zur Förderung des ambulanten Operierens beschlossen. Dabei wurden kleinere dermatochirurgische Eingriffe aufgrund der von den Krankenkassen geforderten Punktsummenneutralität – es soll kein neues Geld ins System fließen, sondern das vorhandene andersverteilt werden – abgewertet und größere aufgewertet. Die GOP 31101 (Dermatochirurgischer Eingriff der Kategorie A1) entsprach bislang 881 Punkten, ab dem 1. Januar 2023 liegt die Bewertung bei nur noch 865 Punkten. Die GOP 31102 (Dermatochirurgischer Eingriff der Kategorie A2) war bislang mit 1.438 Punkten hinterlegt, seit Jahresbeginn sind es nur noch 1.413 Punkte.


¹Hautkrebsreport 2019, S. 17, https://www.bvdd.de/fileadmin/BVDD/BVDD- Download/Hautkrebsreport-2019.pdf