Ausgabe 01/2019 • Psoriasis im Kindesalter Bei Kindern auch an Schuppenflechte denken

BERLIN (abd) – Gerötete, entzündete, juckende Hautstellen lassen im Kindesalter meist eine Neurodermitis vermuten – mit einer Erkrankung an der weniger bekannten Schuppenflechte wird oft nicht gerechnet. Das bedeutet eine Verzögerung der richtigen Therapie und viel unnötiges Leid für die Betroffenen.

shutterstock/Claudia Pylinskaya

Die Schuppenflechte, medizinisch Psoriasis, ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung, die durch scharf begrenzte, gerötete, von silbrigen Schuppen bedeckte, verdickte Hautareale charakterisiert ist. „Bei Kindern ist das Krankheitsbild der Psoriasis oft nicht so typisch wie bei Erwachsenen“, sagt Dr. Sandra Philipp vom Psoriasis Forschungs- und BehandlungsCentrum an der Charité Berlin. Die Schuppenbildung ist bei Kindern oft weniger ausgeprägt und die entzündeten, nicht selten juckenden Hautstellen ähneln Ekzemen, die für die Neurodermitis charakteristisch sind. Anders als bei Erwachsenen, bei denen Psoriasis-Plaques häufig an Ellenbogen oder Knien auftreten, kann die Schuppenflechte – wie die Neurodermitis – bei Kindern auch die Beugeseite der Arme oder die Kniekehlen betreffen. Kopfhaut, Gesicht, Ohren, Hände, Gesäß und Genitalbereich können ebenfalls Psoriasis-Plaques aufweisen.

Die Verwechslungsgefahr einer Schuppenflechte bei Kindern mit einer Neurodermitis ist groß. „Spricht eine vermeintliche Neurodermitis auf die Therapie nicht an, kann dies ein wichtiger Hinweis sein, dass es sich eigentlich um eine Schuppenflechte handelt“, erläutert Dr. Philipp. Wird die Schuppenflechte fälschlich für eine Neurodermitis gehalten und somit nicht adäquat behandelt, kann dies den Leidensweg für die Betroffenen – und die ganze Familie – unnötig verlängern. 

Hautveränderungen bedeuten Stigmatisierung

Die auffälligen Hautveränderungen bei der Schuppenflechte bedeuten oft eine regelrechte Stigmatisierung, weiß die Hautärztin. Kinder sind oft Hänseleien durch Gleichaltrige ausgesetzt und sie schämen sich, im Schwimmbad oder beim Sport Haut zu zeigen. Heranwachsende fürchten, fälschlicherweise für ansteckend oder unhygienisch gehalten zu werden, trauen sich nicht, neue Kontakte zu knüpfen und erste intime Beziehungen werden durch die Angst vor Zurückweisung belastet. „Das beeinträchtigt die Entwicklung von Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl“, so Dr. Philipp. Der Start ins Berufsleben kann erschwert sein, wenn Veränderungen an den Nägeln und Händen die Feinmotorik beeinträchtigen oder auch bei Kunden auf Ablehnung stoßen oder wenn Schuppen auf Jackett oder Bluse das gepflegte Erscheinungsbild stören. 

Hinzu kommt, dass die entzündlichen Prozesse, die der Schuppenflechte zugrunde liegen, nicht nur die Haut, sondern den gesamten Organismus betreffen. Bereits im Kindesalter kann eine sogenannte Psoriasis-Arthritis mit schmerzhaften Entzündungen der Gelenke einhergehen. „Vor allem bei mittelschweren und schweren Formen der Psoriasis ist das Risiko für Begleiterkrankungen wie Adipositas, Diabetes, Bluthochdruck oder Fettstoffwechselstörungen erhöht“, berichtet Dr. Philipp. Übergewicht wiederum, das durch das Meiden sportlicher Aktivitäten noch gefördert wird, wirke sich ungünstig auf die Hauterkrankung aus, stelle aber auch einen zusätzlichen Risikofaktor für Begleiterkrankungen dar (siehe unten). Auch Depressionen und Angststörungen treten bei Menschen mit Psoriasis häufiger auf als bei Hautgesunden. 

Gegen Schuppenflechte lässt sich etwas tun

„Daher sollte frühzeitig ein erfahrener Hautarzt die Psoriasis diagnostizieren und die passende Therapie in die Wege leiten“, betont Dr. Philipp. Eine mögliche Gelenkbeteiligung und weitere Begleiterkrankungen sollten schon im Kindesalter unbedingt abgeklärt und ebenfalls behandelt werden. Für betroffene Heranwachsende sei es wichtig zu wissen, dass sich gegen die Psoriasis etwas tun lässt, so Dr. Philipp. Auch wenn es lästig ist: Eine konsequente Hautpflege gehört zu jeder Therapie der Schuppenflechte dazu. 

Je nach Ausprägung der Erkrankung und Beeinträchtigung der Lebensqualität verordnen Hautärzte unterschiedliche Behandlungen zur äußerlichen oder inneren Anwendung. „Das Spektrum der Therapeutika ist bei Kindern allerdings eingeschränkter als bei Erwachsenen“, räumt die Hautärztin ein. Nicht selten werden – nach entsprechender ausführlicher Aufklärung – Medikamente eingesetzt, die sich zwar bewährt haben, die jedoch nicht speziell für Kinder zugelassen sind. „Doch in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Psoriasis hat sich in den letzten Jahren viel getan“, macht die Hautärztin Betroffenen Mut: Heute stehen mehrere Biologika zur Verfügung, mit denen sich auch mittelschwere und schwere Formen der Psoriasis gut behandeln lassen. Eine adäquate Therapie verspricht nicht nur eine weitgehend erscheinungsfreie Haut. „Wir hoffen, dass wir durch die Reduzierung der Entzündungsaktivität im Körper auch das Risiko für Komorbiditäten verringern können“, so Dr. Philipp. Studienergebnisse hierzu werden mit Spannung erwartet.

 

Psoriasis – was ist das?

Bei der Psoriasis kommt es aufgrund einer Fehlsteuerung des Immunsystems zu einer vermehrten Aktivierung von Abwehrzellen. Diese setzen an der Haut entzündliche Prozesse in Gang und bestimmte Botenstoffe, sogenannte Zytokine, stimulieren Hautzellen (Keratinozyten), sich schneller zu teilen. In gesunder Haut benötigen Keratinozyten etwa 28 Tage, bis sie ausgereift sind, verhornen und abgeschilfert werden. Bei der Psoriasis ist der Lebenszyklus der Keratinozyten auf etwa eine Woche verkürzt und Reifungs- und Verhornungsprozesse sind gestört. Dadurch lagern sich Hornzellen vermehrt an der Haut ab und die Hornschicht verdickt sich – die geröteten, schuppigen Plaques entstehen. 

Die entzündlichen Prozesse bei der Psoriasis betreffen jedoch nicht nur die Haut, sondern den ganzen Körper. Starkes Übergewicht fördert die Entzündung im Körper noch: Aus Fettgewebe, vor allem am Bauch, werden vermehrt bestimmte entzündungsfördernde Adipokine freigesetzt. Diese Zytokine feuern entzündliche Prozesse in der Haut an, sind aber auch an der Entstehung von Diabetes, Bluthochdruck und Arteriosklerose beteiligt.

Informationen rund um die Schuppenflechte hält auch die Website der BVDD-Aufklärungskampagne "Bitte berühren" bereit.