In Deutschland ist nach Angaben des Bundesinstituts für Risiokobewertung (BfR) fast jeder Zehnte tätowiert, in der Gruppe der 16- bis 29-Jährigen sind es sogar 23 Prozent – Tendenz steigend. „Beim Stechen eines Tattoos wird die Integrität der Haut verletzt“, erklärt Prof. Dr. Philipp Babilas, Hautarzt in Regensburg. Akute Reaktionen können Entzündungen sein. Da die Hautbarriere, die einen natürlichen Schutz gegen Keime bildet, beim Tätowieren perforiert wird, können Bakterien, Herpes-, Papilloma- oder Hepatitis-Viren und auch Pilze leichter eindringen und Infektionen hervorrufen. Auch Granulome können sich an der Haut entwickeln. Allergische Reaktionen auf unterschiedliche Inhaltsstoffe des Tätowiermittels sind ebenfalls möglich. Beispielsweise kann Nickel enthalten sein, ein Kontaktallergen mit besonders hoher Sensibilisierungsrate. Da das Tätowiermittel in die Haut eingebracht wird, kann es bei Allergikern zu schweren Reaktionen kommen. Zudem ist die Haut nach der Tätowierung sehr sonnenempfindlich. „Wer sich in Urlaubslaune tätowieren lässt und sich dann an den Strand legt, muss nicht selten Überempfindlichkeitsreaktionen wie entzündliche Hautrötungen, Schwellungen und Juckreiz in Kauf nehmen“, warnt Prof. Babilas. Möglicherweise beeinträchtigen insbesondere großflächige Tätowierungen auch Funktionen der Haut wie Schwitzen oder rufen entzündliche Hauterkrankungen hervor. „Dies ist jedoch noch wenig erforscht“, kritisiert der Dermatologe.
Besonders problematisch sei, dass oft nicht transparent ist, welche Inhaltsstoffe Tätowiermittel enthalten. „Bis hin zu Autolacken ist alles dabei“, so Prof. Babilas. Einige Inhaltsstoffe, bei denen ein Gesundheitsrisiko bekannt ist, wie zum Beispiel krebserregende primäre aromatische Amine, dürfen nicht verwendet werden. Eine Positivliste mit Farben, deren Verträglichkeit und gesundheitliche Unbedenklichkeit systematisch überprüft wurde, gibt es nicht. Kein Tätowiermittel kann als eindeutig sicher eingestuft werden. „Tätowierungen sind daher fahrlässig“, betont Prof. Babilas. Bei vielen Tätowiermitteln ist unklar, welche Risiken sie bergen. Eine aktuelle Studie, an der das BfR beteiligt war, zeigt zum Beispiel, dass sich Nanopartikel aus Farbpigmenten dauerhaft in Lymphknoten ablagern können. Das kann unabsehbare Folgen für die Gesundheit haben. Möglicherweise reichern sich Pigmente oder Schwermetalle aus Tätowiermitteln auch in anderen Organen an.
Denkbar sei auch, dass bei Tattoos oberhalb des Steißbeins, die bei jungen Frauen beliebt sind, im Rahmen einer Periduralanästhesie, beispielsweise unter der Geburt, Tätowierfarbe in die Rückenmarksflüssigkeit gelangt, so Prof. Babilas.
Auch wenn ein Tattoo wieder entfernt wird, können Farbpigmente und andere Inhaltsstoffe im Körper verbleiben. Geräte, die in manchen Kosmetik- oder sogar Tattoo-Studios hierfür eingesetzt werden, können zudem zu schweren Verbrennungen und Narben führen. „Wer ein Tattoo entfernen lassen möchte, sollte sich unbedingt an einen erfahrenen Hautarzt wenden, der über geeignete Lasersysteme verfügt“, so der dringende Appell des Dermatologen. Da auch nach dem Lasern die Haut gut vor Sonne geschützt werden muss, ist jetzt im Winter die richtige Zeit dafür.
Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass es bei einer Laseranwendung
zu toxischen Spaltprodukten der Farbpigmente kommt, die in den Körper wandern. „Besser ist es daher, von vornherein auf eine Tätowierung zu verzichten“, betont Prof. Babilas.
Weitere Infos:
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): Fragen und Antworten zu Tätowiermitteln.
www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_taetowiermitteln-187854.html