Bei Allergien besser gleich zum Facharzt
BERLIN - Mehr als zwei Drittel aller Allergiekranken kommen erst auf Eigeninitiative zu einem allergologisch ausgebildeten Facharzt. Selbst nach jahrelangen erfolglosen symptomatischen Therapieversuchen überweist sie der behandelnde Arzt nicht. Das zeigt eine große bundesweite Studie, die das Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) Berlin in Zusammenarbeit mit dem Ärzteverband Deutscher Allergologen (ÄDA) im Auftrag der Alk-Scherax GmbH durchgeführt hat.
Bei der jetzt in Berlin vorgestellten Teilauswertung zur Versorgung allergiekranker Menschen (VAM) wurden 6791 Fragebögen von Patienten berücksichtigt, die erstmals eine spezifische Immuntherapie erhielten. Insgesamt beteiligten sich 180 auf Allergologie spezialisierte Facharztpraxen, wobei Dermatologen und Pneumologen ein deutliches Schwergewicht darstellen. 2161 Studienteilnehmer gaben an, wegen der allergischen Atemwegserkrankung bereits einen oder mehrere andere Mediziner aufgesucht zu haben. "Manche Allergiker wurden bereits seit zehn Jahren mit zum Teil sehr geringem Erfolg behandelt," erläuterte Studienleiter Hans-Dieter Nolting vom IGES bei einer Pressekonferenz in Berlin.
Der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen hatte bereits 2001 in seinem Gutachten "trotz überzeugender Wirksamkeitsbelege" eine anhaltende Unterversorgung mit der SIT festgestellt.
74 Prozent der in der VAM-Studie befragten Patienten beurteilten ihre Vorbehandlung als wenig wirksam oder gänzlich unwirksam. Der ausbleibende Therapieerfolg war ein entscheidendes Motiv, den Arzt zu wechseln. In der allergologischen Facharztpraxis wurden alle Studienteilnehmer nach einer gezielten Diagnostik mit einer spezifischen Immuntherapie behandelt. 76 Prozent der Befragten gaben an, bereits vor Abschluß der mehrjährigen Behandlung eine deutliche Besserung wahrzunehmen. Die durchschnittliche Behandlungsdauer zum Zeitpunkt der Befragung lag in der VAM-Auswertung bei 1,5 Jahren.
"Um Spätfolgen einer Allergie zu vermeiden, muß eine Behandlung frühzeitig einsetzen," unterstrich ÄdA-Präsident Prof. Thomas Fuchs in Berlin vor der Presse. So könne die SIT den drohenden "Etagenwechsel" von der Allergie oder dem Heuschnupfen hin zum Asthma wirksam verhindern. Gleichzeitig machte Fuchs klar, dass die SIT eine Behandlungder Krankheitssymptome zumindest in einem Anfangsstadium der Erkrankung jedoch keineswegs entbehrlich macht.
Im Kindesalter kann die SIT subkutan bereits ab dem fünften Lebensjahr beginnen. Sie führe dann vielfach rasch zu günstigen Ergebnissen, berichtete Fuchs. Fatal sei allerdings der Fehlschluss, die SIT dann nicht weiter fortzusetzen. Ein dauerhafter Effekt erfordere eine hohe Bereitschaft des Patienten mitzumachen.
Die SIT wird häufig eingesetzt bei Allergien auf Insektengifte, Baum- und Gräserpollen, Hausstaubmilben, Schimmelpilze und Tierhaare. Den Betroffenen werden zunächst allmählich ansteigende Dosen eines Allergenextraktes gespritzt, um eine Immunreaktion auszulösen. Danach erhalten sie über drei Jahre in wachsenden Abständen eine sogenannte Erhaltungsdosis.