Endlich kann Michele Häusermann wieder lachen. Die roten schuppenden Flächen sind aus dem Gesicht der 15-Jährigen verschwunden und auch am Körper nur noch ganz vereinzelt vorhanden. Die Wende brachte eine Therapieumstellung. Seit Anfang dieses Jahres nimmt die junge Berlinerin an einer Studie teil. Für Kinder gab es viele Jahre lang kaum zugelassene Medikamente – und die rein äußerliche Behandlung mit Salben war bei der Schülerin zu schwach.
Teenager leiden besonders
Von klein auf leidet Häusermann wie rund 500.000 andere Kinder und Jugendliche in Deutschland an Psoriasis, einer chronisch entzündlichen, nicht ansteckenden Erkrankung, bei der die körpereigene Immunabwehr „verrückt spielt“: Sie entfacht eine Entzündung und beschleunigt die Erneuerung der Hautzellen, was Schuppen macht und häufig einen starken Juckreiz verursacht. „Ich wurde gehänselt, weil ich mich ständig gekratzt habe“, erinnert sich der Teenager an die Stigmatisierung in der Kindheit. Hinzu kamen die auffälligen roten Schuppungen im Gesicht. Zudem konnte sie durch die Schmerzen oft nicht schlafen. Die Folge war wie bei vielen – auch bei den rund zwei Millionen erwachsenen Patienten in Deutschland – sozialer Rückzug.
Für junge Leute wie sie veranstaltet die Patientenselbsthilfe „Deutscher Psoriasis Bund“ (DPB) regelmäßig ein Gesundheits-Jugendcamp. „Idee, Organisation und Durchführung haben sich positiv bewährt und zeigen, dass es möglich ist, das Selbstwertgefühl der Jugendlichen unter Einbeziehung von Psycho- und Dermatologen in einem geschützten Umfeld zu stärken“, unterstreicht der DPB-Vorsitzende Ottfrid Hillmann. Damit wird die Lebensqualität der Jugendlichen und deren Teilhabe am gesellschaftlichen Leben verbessert.
Fünf-Jahresplan für bessere Versorgung
Frühzeitige Behandlung und gute Lebensqualität für Kinder und Jugendliche mit Psoriasis zählt auch zu den Schwerpunkten der Versorgungsziele 2010 bis 2015, die sich die deutschen Dermatologen und betroffene Patienten in der „Nationalen Versorgungskonferenz Psoriasis” 2009 selbst gesetzt haben. „Die bisherige Bilanz ist vielversprechend“, erläutert Prof. Matthias Augustin, Leiter des Competenzzentrums Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm). „Alle für die Versorgungsziele aufgestellten Qualitätsindikatoren wurden relevant verbessert und somit eine aus Patientensicht einschneidend positivere Versorgung erreicht.“ So wurden bundesweit der Anteil an Patienten mit guter Lebensqualität von 51 Prozent auf über 85 Prozent verbessert und der Einsatz leitliniengerechter Therapien mehr als verdoppelt.
„Diese Ergebnisse haben die deutschen Dermatologen und die Patientenvertreter ermutigt, die Versorgungsziele auch für die nächsten fünf Jahre 2016-2020 weiterzuführen“, betont Augustin. Sie werden derzeit bundesweit erarbeitet und in der nächsten Versorgungskonferenz Ende April 2016 im großen Rahmen verabschiedet. Ein Schwerpunkt dabei ist die Integration weiterer neuer Wirkstoffe zur Behandlung der Schuppenflechte. Bereits heute steht eine ganze Palette an Medikamenten zur Verfügung. Von äußerlich verabreichten Wirkstoffen bei leichteren Psoriasisformen über eine UV-Therapie bis hin zu innerlich per Tablette, Spritze oder Infusion verabreichten Systemtherapien, zu denen auch verschiedene hochwirksame Biologika zählen. „Mehr als bei fast allen anderen Erkrankungen sind bei Psoriasis als Ergebnis intensiver Forschung weitere Wirkstoffe in der Entwicklung, die in den nächsten Jahren Marktreife erlangen“, blickt Augustin positiv in die Zukunft.
VIele neue WIrkstoffe in der Pipeline
Der leitliniengerechte Einsatz dieser Medikamente, aber auch die häufig bei einer Schuppenflechte auftretenden Begleiterkrankungen machen den Dermatologen als Weichensteller bei der Behandlung zum regelrechten Manager der Krankheit, wie Prof. Ulrich Mrowietz, Leiter des Psoriasis-Zentrums Kiel, unterstreicht. Menschen mit Psoriasis leiden sehr viel häufiger als Hautgesunde an anderen Erkrankungen, darunter Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes mellitus und Depressionen. Bei einem von fünf Patienten entwickelt sich im Verlauf eine Psoriasis-Arthritis. „Daher ist es das Ziel jeder umfassenden Betreuung von Menschen mit Schuppenflechte nicht nur die Haut effektiv zu behandeln, sondern sich um den ganzen Menschen zu kümmern“, so Mrowietz. Diese umfassende ärztliche Begleitung beinhaltet die Erfassung und Einstellung von Begleiterkrankungen, die Erkennung und Beseitigung von Auslösefaktoren und eine individuell angepasste Therapie der Psoriasis. „Durch ein effektives Management kann auch sichergestellt werden, dass die gesundheitsbezogene Lebensqualität der betroffenen Menschen mit Schuppenflechte wieder gut wird“, so der Kieler Dermatologe.
Herausforderung Hautarztsuche
Für die betroffenen Patienten kommt es aber unverändert darauf an, überhaupt erst den „richtigen“ Arzt zu finden. „Heute übernimmt längst nicht mehr jeder Hautarzt die komplexen, aber eben auch hochpreisigen Therapieverfahren“, erläutert Dr. Ralph von Kiedrowski, Mitglied im Vorstand des Berufsverbandes der Deutschen Dermatologen (BVDD). So verordnen immer noch nur gut 30 Prozent der Dermatologen 100 Prozent der innovativen Biologika. Vielmehr schließen sich spezialisierte Praxen zu Psoriasisnetzen zusammen mit dem Ziel, betroffenen Patienten die für ihren Fall passende optimierte medizinische Versorgung anzubieten. Diese Schwerpunktpraxen haben sich regional und national zu inzwischen 26 PsoNet-Netzwerken zusammengeschlossen und integrieren die ambulante und stationäre Versorgungsebene. „In einer Psoriasis-Schwerpunktpraxis erhält der Patient eine qualitativ hochwertige, frühzeitige und leitliniengerechte Versorgung seiner chronischen Erkrankung mit frühzeitiger Erkennung und Therapie aller Begleiterkrankungen“, betont von Kiedrowski.
Die gemeinsamen Träger der Kampagne – das sind: Der Deutsche Psoriaisis Bund e. V., der Berufsverband der Deutschen Dermatologen, das bundesweite PsoNet und die Deustche Dermatologische Gesellschaft – wollen mit ihren vielfältigen regionalen Aktivitäten zum Weltpsoriasistag ein positives Zeichen setzen. Die moderne Medizin bietet heute Betroffenen alle Möglichkeiten, bei guter Lebensqualität ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
wha/BVDD 29.10.2015 / sl/BVDD 11.02.2019