Plausibilitätsprüfungen Mehrfach in einem Quartal nicht immer möglich

MarburgAbrechnung

Hat eine KV für ein bestimmtes Quartal (hier wegen Überschreitung von Zeitprofilen) einen Honorarrückforderungsbescheid erlassen, ohne sich dabei weitere Plausibilitätsprüfungen vorzubehalten, und erlässt sie dann nach weiterer Plausibilitätsprüfungen (dann wegen zu vieler gemeinsam mit einer Praxisgemeinschaft behandelter Patienten) einen weiteren Honorarrückforderungsbescheid, so ist dieser zweite Bescheid unwirksam. Denn die KV hat ihr Prüfungsrecht durch den Erlass des ersten vorbehaltlosen Rückforderungsbescheides verbraucht. Das hat das Sozialgericht Marburg entschieden.

Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zu Grunde:

Für die Quartale 1/2006 bis 1/2007 stellte die KV Anfang 2008 bei einer Plausibilitätsprüfung eines Arztes eine Überschreitung der Zeitprofile fest. Die KV forderte deshalb rund 5.000 Euro von dem Arzt zurück, ohne sich aber weitere Plausibilitätsprüfungen vorzubehalten. Der Arzt widersprach diesem Bescheid.

Ende 2010 führte die KV eine weitere Plausibilitätsprüfung für das Quartal 4/2005 bis 4/2007 bezüglich möglicher Patientenidentitäten durch. Sie stellte Patientenidentitäten von jeweils rund 50 % in den Quartalen 4/2005 bis 4/2007 fest und forderte deshalb zuletzt rund 10.000 Euro von dem Arzt zurück. Auch gegen diesen Bescheid legte der Arzt Widerspruch ein. Die KV wies beide Widersprüche zurück. Der Arzt klagte deshalb gegen die Honorarrückforderungen und das mit Erfolg.

Das Gericht war der Ansicht, dass die Honorarrückforderung für das Quartal 1/2006 bis 1/2007 wegen patientenbezogener Implausibilität, also zu viele gemeinsam behandelte Patienten, rechtswidrig und daher aufzuheben sei.

Die KV habe ihr Prüfungsrecht für eine weitere Plausibilitätsprüfung verbraucht. Wenn die KV in dem zuvor ergangenen Honorarrückforderungsbescheid aufgrund einer Plausibilitätsprüfung weder einen neuen Vorläufigkeitsvorbehalt aufnimmt noch darauf hinweist, dass weitere Plausibilitätsprüfungen erfolgen werden, so verliere sie ihr Recht auf eine weitere Plausibilitätsprüfung. Denn einer weiteren Prüfung stehe dann der Grundsatz des Vertrauensschutzes entgegen, weil der Arzt grundsätzlich darauf vertrauen könne, dass das Verfahren der Plausibilitätsprüfung für die geprüften Quartale insgesamt abgeschlossen ist und keine weiteren Honorarrückforderungen aufgrund von Plausibilitätsprüfungen ergehen werden. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn sich die KV weitere Plausibilitätsprüfungen vorbehalte.

 

SG Marburg, 01.08.2022, Az.: S 18 KA 52/16