Ein Krankenhaus forderte auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes die Erstattung einer mehreren Beschäftigten gewährten Verdienstausfallentschädigung. Hintergrund war, dass sich die Beschäftigten im Frühjahr 2020 jeweils urlaubsbedingt in Risikogebieten aufgehalten hatten. Sie fielen damit unter die im März 2020 vom Landkreis Northeim erlassene „Allgemeinverfügung für Reiserückkehrer aus Risikogebieten und besonders von der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 betroffenen Gebieten“. Dort war für Reiserückkehrer aus den vorgenannten Gebieten unter anderem ein Betretungsverbot für Krankenhäuser geregelt und für die Träger von Krankenhäusern die Verpflichtung, die betreffenden Personen für 14 Tage nicht zu beschäftigen. Das Krankenhaus zahlte den Beschäftigten einen Verdienstausfall, den es von den zuständigen Behörden ersetzt haben wollte. Es machte geltend, dass sich das Betretungsverbot für Krankenhäuser bei den betroffenen Beschäftigten wie ein Tätigkeitsverbot ausgewirkt habe. Dies habe einen Anspruch ihrer Beschäftigten auf Verdienstausfall nach dem Infektionsschutzgesetz zur Folge. Da das Krankenhaus diesen Verdienstausfall kompensiert habe, habe es selbst einen Erstattungsanspruch gegen die Behörde nach dem Infektionsschutzgesetz.
Die beklagte Behörde hielt dagegen: Wer aus einem Risikogebiet nach Deutschland einreise, wisse, dass er sich einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt habe, dessen zwingende Folge eine Quarantäne sei. Wer dies bewusst in Kauf nehme, habe keinen Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz, sodass auch das Krankenhaus keine Erstattung der von ihm gezahlten Entschädigung verlangen könne.
Nach Ansicht des Gerichts sei den Beschäftigten kein Verdienstausfall entstanden, sodass auch kein Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz bestehen könne. Dies folge aus einer Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 616), die bestimme, dass Arbeitgeber ohnehin zur Zahlung des Arbeitsentgelts verpflichtet blieben, wenn Beschäftigte ohne Verschulden durch einen in ihrer Person liegenden Grund für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit an der Dienstleistung gehindert seien. Die amtlich angeordnete Absonderung sei personenbedingt und stelle ein subjektives Leistungshindernis dar. Die Beschäftigten hätten die Verhinderung ihrer Arbeitsleistung nicht zu verschulden, da ihr jeweiliges Reiseziel zum Zeitpunkt des Reiseantritts noch gar nicht als Risikogebiet benannt worden sei. Zudem habe auch nach Ausweisung der Risikogebiete keine Verpflichtung bestanden, dort zu bleiben, sodass allein die Rückkehr nach Deutschland nicht zu einem Verschulden führen könne.
Die im Bürgerlichen Gesetzbuch enthaltene Regelung werde nicht durch das Infektionsschutzgesetz verdrängt, weil dies nicht etwa zum Ziel habe, Arbeitgeber zu entlasten, die aufgrund anderer Vorschriften ohnehin zur Entgeltfortzahlung verpflichtet seien.
VG Göttingen, 20.7.2023, Az. 4 A 150/21