Mietrecht Arztpraxis ist störender als Wohnung

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Die Nutzung einer Arztpraxis ist wegen des damit verbundenen erhöhten Besucheraufkommens störender als eine Wohnnutzung. Einer Wohnungseigentümergemeinschaft kann daher ein Unterlassungsanspruch auf Nutzung der Räume als Arztpraxis zustehen. Dies hat das Landgericht Frankfurt a.M. entschieden.

Folgender Sachverhalt lag vor: Der Eigentümer einer Wohnung in Hessen vermietete diese im Jahr 1997 an seine Ehefrau, damit sie dort eine Arztpraxis betreiben konnte. Das Besucheraufkommen betrug mehr als 50 Personen am Tag. Laut der Teilungserklärung war nur eine Wohnnutzung gestattet. Die Wohnungseigentümergemeinschaft erhob daher im Jahr 2020 Klage auf Unterlassung gegen den Wohnungseigentümer und die Wohnungsmieterin. Das Amtsgericht Rüsselheim gab der Klage statt. Dagegen richtete sich die Berufung der Beklagten und dies mit Erfolg.

Die Richterinnen und Richter waren der Ansicht, dass die Nutzung der Wohnung als Arztpraxis der Teilungserklärung widerspräche. Der zweckbestimmungswidrige Gebrauch begründe aber nur dann einen Unterlassungsanspruch, wenn die Nutzung als Praxis mehr stört als eine typische Wohnnutzung. Dies sei der Fall. Dies ergebe sich schon daraus, weil das übliche Besucheraufkommen einer Praxis das übliche Besucheraufkommen einer Wohnung weit übersteigt, zumal es sich um kranke Personen handelt, die mit den Eigentümern in keinen persönlichen Beziehungen stehen. Eine derartige
Nutzung unterscheide sich von einer Wohnnutzung grundlegend.

Nach Auffassung der Richter sei der Unterlassungsanspruch aber verwirkt, da die Eigentümer die Nutzung über einen langen Zeitraum hingenommen haben. Die Praxis werde seit 25 Jahren betrieben und hätte aufgrund ihrer Größe den anderen Eigentümern bekannt sein müssen. Bei dieser Sachlage haben die Beklagten davon ausgehen dürfen, dass die Eigentümer der Nutzungsart nicht entgegentreten werden.

 

LAG Frankfurt a.M., 31.3.2022, Az. 2 13 S 131/20