Die Richter betonten aber zugleich, dass eine KV nicht automatisch von einem unzulässigen Praxisumfang ausgehen könne, sobald die Zahl der behandelten Patienten das Doppelte des durchschnittlich Üblichen beträgt. „Erst ab einem Praxisumfang von 250 Prozent über dem Durchschnitt der Fachgruppe liegt ein übergroßer – und damit eine Honorarkürzung rechtfertigender – Praxisumfang vor“. Aber auch dann müsse die KV zusätzlich beweisen, dass der überdurchschnittliche Praxisumfang auch tatsächlich auf dem missbräuchlichen Einsatz von Assistenten beruhe.
Folgender Sachverhalt lag vor: Eine Allgemeinmedizinerin beschäftigte eine Weiterbildungsassistentin. Die Fallzahlen der Praxis lagen 200 Prozent über dem Durchschnitt. Bei einer so überdurchschnittlich großen Zahl von Patienten habe ein Arzt nicht mehr ausreichend Zeit, seine Weiterbildungsassistenten ordnungsgemäß anzuleiten und zu überwachen, argumentierte die KV. Sie kürzte deshalb der Ärztin die Honorare für zwei Quartale um rund 32.000 Euro.
Gegen die Honorarkürzung erhob die Ärztin Klage vor dem SG. Nach ihrer Meinung ist es nicht zulässig, bei einem Überschreiten der Fallzahl von 200 Prozent des Fachgruppendurchschnitts automatisch von einer übergroßen Praxis auszugehen. Die Größe ihrer Praxis sei unter anderem durch externe Faktoren wie zum Beispiel den Wegfall der Praxisgebühr beeinflusst worden, so die Klägerin.
Das SG schloss sich der Ansicht der Klägerin an und verurteilte die KV das Honorar nachzuzahlen. Die Praxis habe keinen übergroßen Umfang gehabt. Auch ein Kausalzusammenhang zwischen Fallzahlen und Weiterbildungsassistentin sei nicht ersichtlich gewesen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann von der KV mit der Berufung zum Landessozialgericht angefochten werden.
SG Berlin, 13.9.2017, Az. S 83 KA 423/14