Nachbesetzung Ausscheiden aus der BAG: Vertragsarztsitz muss verbleiben

KaiserslauternRechtliches

Eine Klausel in einem Gesellschaftsvertrag einer Gemeinschaftspraxis, wonach ein Vertragsarztsitz beim Ausscheiden einer Ärztin oder eines Arztes (Gesellschafterin/Gesellschafter) in der Gesellschaft verbleibt und sie oder er an der Nachbesetzung der Zulassung mitwirken muss (sog. Sitzbindungsklausel), ist wirksam, wenn kein Wettbewerbsverbot besteht und die ausscheidende Ärztin oder der ausscheidende Arzt Anspruch auf eine Abfindung hat.

 

Dies gilt auch dann, wenn der ausscheidende Arzt 20 Jahre in der Gemeinschaftspraxis tätig war. Das hat das Landgericht Kaiserslautern in einem Eilverfahren.

Eine Ärztin trat im Jahr 2003 einer radiologischen Gemeinschaftspraxis bei und übernahm einen der vier dort bestehenden Vertragsarztsitze. In dem Gesellschaftsvertrag der Gemeinschaftspraxis war geregelt, dass nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt wird. Weiter war geregelt, dass alle Ärzte darauf hinzuwirken haben, dass die Vertragsarztsitze der Gesellschaft erhalten bleiben und dass alle Ärzte bereits jetzt der Gesellschaft die Vollmacht erteilen, die dafür erforderlichen Anträge beim Zulassungsausschuss zu stellen. Der ausscheidende Arzt sollte eine Abfindung erhalten laut Vertrag mit Abschlägen von 10.000 Euro monatlich. Der Vertrag sieht kein Wettbewerbsverbot für einen ausscheidenden Arzt vor.

Die Ärztin verließ die Gemeinschaftspraxis Ende 2022. Der Aufforderung der Gemeinschaftspraxis, einen Nachbesetzungsantrag zu stellen, kam die Ärztin nicht nach. Vielmehr beantragte sie die Verlegung ihres Vertragsarztsitzes in ein Medizinisches Versorgungszentrum, in dem sie sich anstellen lassen wollte.

Der Eilantrag, mit dem die Gemeinschaftspraxis der Ärztin untersagen lassen wollte, die Zulassung in das MVZ mitzunehmen, hatte Erfolg. Nach Ansicht des Gerichts sind das Interesse der Gemeinschaftspraxis auf Erhalt des Vertragsarztsitzes gegen das Interesse der Ärztin auf Mitnahme gegeneinander abzuwägen. Im Ergebnis sei das Interesse der Gemeinschaftspraxis aus folgenden Gründen als vorrangig anzusehen: Die Gemeinschaftspraxis braucht eine finanzielle Planungssicherheit. Auch die längere Tätigkeit der ausscheidenden Ärztin in der Gemeinschaftspraxis führt zu keinem Vorrang. Durch die Abfindung ist die ausscheidende Ärztin finanziell abgesichert; sie unterliegt keinem Wettbewerbsverbot, kann also selbst für ihr Einkommen sorgen. Der Vertragsarztsitz, auf dem sie arbeitete, befand sich bei ihrem Eintritt in die Gemeinschaftspraxis bereits dort. Es bleibt abzuwarten wie in der Hauptsache entschieden wird.

 

LG Kaiserslautern, 25.11.2023, Az. 2 O 712/22