Arztvorbehalt Barthaarentfernung: Kostenübernahme nur bei ärztlicher Durchführung

BerlinRechtliches

Eine Beamtin mit Transidentität hat keinen Anspruch auf Übernahme der bei einer Kosmetikerin entstandenen Kosten für eine Nadelepilation des Barts. Der Arztvorbehalt für die Nadelepilation stellt keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

dar. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin entschieden.

Eine Beamtin beim Land Berlin wurde als Mann geboren und hat eine Geschlechtsangleichung zur Frau durchführen lassen. Ihr Arzt verordnete ihr eine dauerhafte Entfernung des Barthaarwuchses durch Nadelepilation. Diese Behandlung lässt die Klägerin bei einer Kosmetikmeisterin durchführen; geplant sind 120 Behandlungseinheiten à 72 Euro. Das Landesverwaltungsamt Berlin lehnte die Kostenübernahme für die ersten Rechnungen ab, weil die Epilation nicht von einer Ärztin oder einem Arzt durchgeführt worden sei. Der Widerspruch der Frau blieb erfolglos. Mit der Klage trug sie vor, sie habe sich 2019 bei Ärztekammern und Verbänden erkundigt, aber damals habe keine Hautärztin oder Hautarzt in Berlin die Nadelepilation angeboten.

Das VG wies die Klage ab. Auch wenn die Entfernung des Barthaarwuchses bei der Frau medizinisch notwendig sei, sei die Beihilfe gesetzlich nur zur Kostenübernahme von Behandlungen durch Ärztinnen und Ärzte, Heilpraktikerinnen oder Heilpraktiker oder zugelassene Leistungserbringerinnen oder -erbringer für Heilmittel verpflichtet. Darunter falle die Kosmetikerin nicht. Der Arztvorbehalt verletze die Frau nicht in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Er sei
durch den Zweck gerechtfertigt, Patientinnen und Patienten eine möglichst sachkundige Behandlung zukommen zu lassen, gerade im Fall von Komplikationen.

Die Frau könne die Kostenübernahme auch nicht wegen einer „besonderen Härte“ beanspruchen, weil ansonsten der verfassungsgemäße Arztvorbehalt ausgehebelt würde. Unmittelbar aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ergebe sich kein Beihilfeanspruch, da nicht davon auszugehen sei, dass die Frau durch den selbst zu zahlenden Anteil – nach hälftiger Erstattung durch die private Krankenkasse – an einer amtsangemessenen Lebensführung gehindert wäre. Außerdem gebe es jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt eine Ärztin in Berlin, die Nadelepilationen anbiete; dorthin könne die Frau für weitere Behandlungen wechseln. Die Frau hat gegen das Urteil die vom Gericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene
Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Wir werden weiter darüber berichten.

 

VG Berlin, 17.1.2023, Az. 36 K 75/20