Berufsrecht Bei geringer ärztlicher Tätigkeit droht Entzug der Zulassung

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Einem Arzt darf die Zulassung vollständig entzogen werden, wenn dieser über mehrere Jahre hinweg maximal 70 Fälle im Quartal abrechnet und damit deutlich weniger Patientinnen und Patienten behandelt als die Fachgruppe im Durchschnitt. Denn dann übt er seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht aus, wozu er aber gesetzlich verpflichtet ist.

Eine Nichtausübung liegt vor, wenn die Anzahl der Behandlungsfälle unter zehn Prozent des Fachgruppendurchschnitts liegt. Ausschlaggebend sind dabei ausschließlich die vom Arzt abgerechneten Leistungen, sodass es nicht auf andere Tätigkeiten des Arztes ankommt. So bleiben ärztliche Beratungen und Tätigkeiten des Arztes im ärztlichen Bereitschaftsdienst außer Betracht. Das hat das Sozialgericht (SG) München entschieden.

Ein kurz vor dem Renteneintritt stehender Hausarzt, der in einer Berufsausübungsgemeinschaft tätig war, behandelte über Jahre hinweg nur wenige Patienten in seiner Praxis, dafür vergleichsweise viele Patienten im Rahmen des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes (ÄBD). Der Zulassungsausschuss bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) wies den Hausarzt auf dieses Verhalten hin und mahnte an, er müsse mehr Patienten in seiner Praxis behandeln.

Der Hausarzt wandte dagegen unter anderem ein, er behandle viele Patienten durch kleinere Beratungen, die in der Pauschalgebühr enthalten seien. Überdies sei seine Tätigkeit als Arzt im Bereitschaftsdienst, die mit bis zu 400 Patienten im Quartal zu Buche schlage, ebenfalls zu berücksichtigen. Dies sah der Zulassungsausschuss andersund entzog ihm schließlich die vertragsärztliche Zulassung wegen längerer Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit. Der Arzt widersprach, aber der beklagte Berufungsausschuss wies den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Arzt scheitere auch vor dem SG.

Das Gericht war der Ansicht, dass kleinere Tätigkeiten, wie zum Beispiel Beratungen am Tresen der Praxis, Rezeptausstellungen oder Lehrtätigkeiten, nicht als vertragsärztliche Tätigkeit anzusehen sind. Es komme dafür nur auf die abgerechneten Leistungen an und diese lägen unter zehn Prozent des Fachgruppendurchschnitts. Bei einer so geringen vertragsärztlichen Tätigkeit sei davon auszugehen, dass der Hausarzt seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausübe. Wer seine Tätigkeit nicht mehr ausübe, dem sei die Zulassung zu entziehen. Die Tätigkeiten des Arztes im ÄBD sei keine vertragsärztliche Tätigkeit. Es handele sich dabei nur um einen Anhang zur vertragsärztlichen Tätigkeit.

 

SG München, 22.2.2024, Az. S 20 KA 481/19