Im zugrunde liegenden Fall hatte eine Frau geklagt, die eine schönheitschirurgische Brustvergrößerung als Privatbehandlung durchführen ließ. Sechs Jahre nach dem Eingriff kam es zu Rissen an einem Silikonimplantat und einer Brustentzündung. Die Frau ließ die Implantate durch neue ersetzen, die sie ebenfalls privat bezahlte. Die Krankenkasse trug zunächst die Kosten in Höhe von 6.400 Euro für die Entnahme der alten Implantate. Von der Frau forderte sie jedoch eine Beteiligung von 1.300 Euro, da das Gesetz eine Kostenbeteiligung von Versicherten bei Folgeerkrankungen nach ästhetischen Operationen zwingend vorsehe.
Die Frau hielt dies für verfassungswidrig. Nach ihrer Ansicht habe die Entwicklung der Schönheitschirurgie dazu geführt, dass Brustimplantate völlig normal und üblich seien. Es sei gesellschaftlich etablierter ästhetischer Standard, sich hübsch, sexy und begehrenswert zu präsentieren. Abweichungen würden als Makel und psychische Beeinträchtigung empfunden. Außerdem sei die Zahl der Krankheitsfälle nach schönheitschirurgischen Eingriffen deutlich geringer als nach Sport-, Freizeit- oder Sexunfällen.
Das sah das LSG anders. Grundsätzlich zahle die Krankenkasse notwendige Leistungen nach dem Solidarprinzip ohne Rücksicht auf die Krankheitsursachen. Der Gesetzgeber habe jedoch Ausnahmen bei ästhetischen Operationen, Tätowierungen und Piercings eingeführt. Dies sei verfassungsrechtlich zulässig, um die Solidargemeinschaft vor unsolidarischem Verhalten Einzelner zu schützen. Ob die Inanspruchnahme der Schönheitschirurgie mittlerweile normal sei, spiele keine Rolle. Entscheidend sei allein, dass diese Behandlungen medizinisch nicht erforderlich seien. Gemessen am Grad des Verschuldens und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Frau sei eine Kostenbeteiligung in Höhe der steuerlichen Belastungsfreigrenze angemessen.
LSG Niedersachsen-Bremen, 28.1.2019, Az.: L 16 KR 324/18