Arbeitsrecht Drohung mit Krankschreibung rechtfertigt fristlose Kündigung

RostockRechtliches, Praxismanagement

Die Drohung mit einer Krankschreibung, um damit die Änderung des Dienstplanes zu erzwingen, stellt eine erhebliche Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten dar. Dies rechtfertigt an sich eine fristlose Kündigung. Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern entschieden.

Im Juni 2020 drohte eine in einer Bäckereifiliale in Mecklenburg-Vorpommern angestellte Verkäuferin mit einer Krankschreibung, sollte der Dienstplan nicht, wie von ihr gewünscht, geändert werden. Die Verkäuferin wollte in einer Woche im Juli 2020 in der Frühschicht arbeiten. Hintergrund waren Spannungen unter den Mitarbeitern der Filiale. Wegen der angedrohten Krankschreibung erklärte der Arbeitgeber die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Kurz zuvor hatte bereits die Verkäuferin eine ordentliche Kündigung zu Ende Juli 2020 ausgesprochen. Gegen die fristlose Kündigung erhob die Verkäuferin Klage und bekam zunächst vor dem Arbeitsgericht Schwerin Recht. Eine Pflichtverletzung sei nach Ansicht des Gerichts nicht erwiesen. Es sei nicht auszuschließen, dass die Verkäuferin aus gesundheitlichen Gründen in der Spätschicht arbeitsunfähig war. Gegen diese Entscheidung legte der Arbeitgeber Berufung ein, bekam aber letztlich nicht Recht.

Das Verhalten der Verkäuferin an sich stellt zwar einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung dar. Die Verkäuferin habe ihre arbeitsvertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme erheblich verletzt, indem sie mit einer Krankschreibung drohte. Damit habe sie ihren Arbeitgeber in unzulässiger Weise unter Druck gesetzt. Die Pflichtwidrigkeit der Ankündigung einer Krankschreibung bei nicht bestehender Erkrankung zum Zeitpunkt der Ankündigung liege darin, dass der Arbeitnehmer mit einer solchen Erklärung zum Ausdruck bringt, er sei notfalls bereit, seine Rechte aus dem Entgeltfortzahlungsrecht zu missbrauchen, um sich einen unberechtigten Vorteil zu verschaffen. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer später (zufällig) tatsächlich erkrankt.

Letztlich hielt aber auch das LAG die fristlose Kündigung für unwirksam. Denn es sei dem Arbeitgeber unter Abwägung der wechselseitigen Interessen zumutbar gewesen, das Arbeitsverhältnis noch rund einen Monat bis zum Datum der Eigenkündigung der Verkäuferin fortzusetzen. Es sei zu beachten, dass es sich bei der Androhung um eine spontane Reaktion gehandelt habe, in der sich letztlich die schon länger schwelenden Spannungen entluden. Zudem sei das Arbeitsverhältnis zuvor annähernd zehn Jahre lang beanstandungsfrei verlaufen.

 

LAG Mecklenburg-Vorpommern, 4.5.2021, Az.: 5 Sa 319/20