Arbeitsweg Kein Arbeitsunfall, wenn falsch abgebogen wird

KasselRechtliches

Das Bundessozialgericht (BSG) hat entschieden, dass sich ein Versicherter nicht mehr auf einem von der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsweg befindet, wenn er aufgrund von Unaufmerksamkeit falsch abbiegt. Kommt es daher auf dem Abweg zu einem Verkehrsunfall, stellt dies keinen Arbeitsunfall dar.

An einem frühen Abend im November 2011 war ein Lagerist aufgrund einer Unaufmerksamkeit auf dem Weg zu seiner Arbeit mit seinem Pkw falsch abgebogen. Nachdem er dies nach etwa 2,5 Kilometer bemerkte, wendete er sein Fahrzeug. Dabei kam es zu einem Zusammenstoß mit einem hinter ihm fahrenden Pkw, wodurch der Lagerist erheblich verletzt wurde. Die gesetzliche Unfallversicherung lehnte die Anerkennung des Verkehrsunfalls als Arbeitsunfall ab, da sich der Lagerist auf einem sogenannten Abweg befunden habe. Der Lagerist sah dies anders und erhob Klage.

Sowohl das Sozialgericht Frankfurt a. M. als auch das Hessische Landessozialgericht gaben der Klage statt. Der Verkehrsunfall habe einen Arbeitsunfall dargestellt. Durch das falsche Abbiegen habe der Kläger keinen unversicherten Abweg angetreten, weil er weiterhin seine Arbeitsstätte habe erreichen wollen. Gegen diese Entscheidung legte die Beklagte Revision ein.

Das BSG entschied zu Gunsten der Beklagten und hob die Entscheidung der Vorinstanz auf. Der Kläger habe keinen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsunfall erlitten, weil er sich auf einem unversicherten Abweg befunden habe. Der Kläger habe durch das falsche Abbiegen den direkten Weg zur Arbeit verlassen. Für die Frage, ob auf einem irrtümlichen Abweg Versicherungsschutz bestehe, sei nicht allein maßgeblich, ob der Versicherte weiterhin seine Arbeitsstätte habe erreichen wollen, sondern die den Irrtum begründenden Umstände.

Es bestehe Versicherungsschutz auf irrtümlich befahrenen Strecken, so das BSG, wenn der Irrtum auf äußeren, mit der besonderen Art des Weges verbundenen Gefahren, wie etwa Dunkelheit, Sichtbehinderung durch Nebel oder schlecht beschilderte Wege beruhe. Das Verirren resultiere in einem solchen Fall aus Umständen, die sich gerade aus der äußeren Beschaffenheit des Verkehrsraums ergeben, den der Versicherte zum Aufsuchen seiner Arbeitsstätte oder zur Rückkehr von seiner Arbeitsstätte zu seiner Wohnung nutzen müsse. Dies entspreche dem Zweck der Wegeunfallversicherung, Versicherungsschutz auf Wegen, die wegen der versicherten Tätigkeit zurückgelegt werden müssen, und aufgrund von Gefahren, die aus der Beschaffenheit dieser Wege herrühren, zu gewähren. Dagegen bestehe kein Versicherungsschutz, wenn die irrtümliche Abweichung von dem direkten Weg auf Umständen wie etwa Unaufmerksamkeit beruhe, die in der Person des Versicherten liegen. Daher lag kein Arbeitsunfall vor und es bestand kein Versicherungsschutz.

 

BSG, 20.12.2018, Az.: B 2 U 16/15 R