Infektionsschutzgesetz Kein Entschädigungsanspruch bei Quarantäne von Mitarbeitern

KoblenzRechtliches, Praxismanagement

Ein Arbeitgeber hat keinen Anspruch auf Entschädigungszahlungen nach dem Infektionsschutzgesetz, sofern sein Arbeitnehmer während einer vierzehntägigen häuslichen Absonderung gegen ihn einen Lohnfortzahlungsanspruch gemäß § 616 BGB hat. Dies hat das Verwaltungsgericht Koblenz entschieden und wies die Klage eines Arbeitgebers zurück.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Aufgrund einer infektionsschutzrechtlichen Anordnung war ein ansteckungsverdächtiger Mitarbeiter in häuslicher Absonderung. In der Folge beantragte der Arbeitgeber beim Land Rheinland-Pfalz die Erstattung von Entschädigungszahlungen, die er während der Zeit der Absonderung an seine Mitarbeiter für deren Verdienstausfall geleistet hatte. Das Land gewährte lediglich für die Zeit ab dem sechsten Tag der Absonderung eine Erstattung mit dem Hinweis, der Arbeitnehmer hätte gegenüber dem Arbeitgeber für die ersten fünf Tage der Absonderung einen Anspruch auf Lohnfortzahlung.

Dagegen klagte der Arbeitgeber und trug vor, dass bei einer Quarantänedauer von mehr als fünf Tagen nicht mehr, wie § 616 BGB vorsehe, von einer Verhinderung von verhältnismäßig nicht erheblicher Zeit gesprochen werden könne. Dauere die Verhinderung demnach eine erhebliche Zeit, so entfalle der Lohnfortzahlungsanspruch insgesamt, das heißt auch für den nicht erheblichen Zeitraum („Alles-oder-Nichts-Prinzip“). Der Arbeitgeber scheiterte aber vor Gericht.

Die Richter waren folgender Ansicht: Zwar habe ein Arbeitgeber, der im Falle der Absonderung seines Arbeitnehmers Lohnfortzahlungen und Sozialversicherungsbeiträge leiste, nach dem Infektionsschutzgesetz einen Anspruch auf Erstattung dieser Leistungen. Dieser scheide jedoch aus, wenn dem Arbeitnehmer trotz seiner Verhinderung an der Ausübung seiner Tätigkeit gegen seinen Arbeitgeber ein Lohnfortzahlungsanspruch zustehe. Gemäß § 616 Satz 1 BGB bestehe ein Anspruch auf Lohnfortzahlung, wenn der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert werde. Dies sei hier der Fall.

Bei den behördlichen Absonderungsanordnungen, die aufgrund eines Ansteckungsverdachts des Arbeitnehmers ergangen sei, handele es sich um ein in deren Person liegendes Leistungshindernis. Darüber hinaus stelle die aufgrund der Absonderung eingetretene Dauer der Arbeitsverhinderung des Arbeitnehmers von sechs beziehungsweise vierzehn Tagen noch eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit dar. Für die Beurteilung sei in erster Linie das Verhältnis zwischen der Dauer des Arbeitsverhältnisses und der Dauer der Arbeitsverhinderung maßgeblich. Dabei sei bei einer Beschäftigungsdauer von mindestens einem Jahr grundsätzlich eine höchstens vierzehn Tage andauernde Arbeitsverhinderung infolge einer Absonderung noch als nicht erhebliche Zeit anzusehen.

Auch bedürfe dieses Ergebnis im zu entscheidenden Fall nicht aus Zumutbarkeitsgesichtspunkten einer Korrektur. Denn das Risiko, während einer höchstens vierzehntägigen Quarantäne des Arbeitnehmers bei einem mindestens ein Jahr andauernden Beschäftigungsverhältnis den Lohn für zwei Wochen weiterzahlen zu müssen, sei für den Arbeitgeber grundsätzlich kalkulierbar. Da der Arbeitnehmer bereits deutlich länger als ein Jahr beschäftigt sei, habe ihm somit ein Lohnfortzahlungsanspruch zugestanden. Ein Entschädigungsanspruch des Arbeitgebers sei ausgeschlossen.

 

VG Koblenz, 19.5.2021, Az.; 3 K 107/21 KO