Ein Mann aus Südhessen war 2015 wegen zunehmender Schmerzen im rechten Sprunggelenk bei einem Unfallchirurgen in
Therapie. Weil Bewegungsübungen und eineverringerte Belastung des Fußes keine Linderung brachten, schlug der Arzt 2016 eine
Operation vor. Ambulant wurden zunächst 14, in einer Klinik dann weitere 17 in dem Gelenk festgestellte sogenannte Gelenkkörper aus Knorpel oder Knochen entfernt.
Schon nach dem ersten ambulanten Eingriff klagte der Mann über Missempfindungen bei Berührungen des Fußrückens und zunehmende Schmerzen im rechten Fuß. Es wurden ein Nervengeschwulst und eine Schädigung der Nerven an der Einstichstelle des bei der ersten Untersuchung und Operation verwendeten Arthroskops festgestellt.
Der Patient ist inzwischen zu 60 Prozent schwerbehindert und dauerhaft erwerbsunfähig. Mit seiner Klage verlangt er Schadenersatz von dem Chirurgen. Dieser habe nicht über die Risiken einer Arthroskopie aufgeklärt, insbesondere nicht über das Risiko einer Nervenschädigung. Im Aufklärungsbogen waren diese Risiken beschrieben. Ob und inwieweit darüber auch gesprochen wurde, war zwischen Arzt und Patient umstritten.
Nach Meinung des Gerichts kommt es jedoch darauf an, denn das Gesetz bestimme, dass die Aufklärung mündlich zu erfolgen hat. Zwar müssten dabei die möglichen Risiken nicht exakt medizinisch beschrieben werden. Patienten müssten aber eine allgemeine Vorstellung von dem Ausmaß der mit dem Eingriff verbundenen Gefahren bekommen. Über schwerwiegende und das weitere Leben belastende Risiken sei grundsätzlich auch dann aufzuklären, wenn sie sich nur selten verwirklichen.
Bei dem Aufklärungsgespräch könne auf schriftliche Unterlagen wie die inzwischen üblichen Aufklärungsbögen Bezug genommen
werden. Der Gesetzgeber habe aber gewollt, dass Patienten Rückfragen stellen könnten und die mündliche Aufklärung nicht auf einen lediglich formalen Merkposten innerhalb eines Aufklärungsbogens reduziert wird. Kern der Aufklärung müsse daher ein vertrauensvolles Gespräch sein. Dabei müsse der Arzt auf individuelle Belange des Patienten eingehen und sich davon überzeugen, dass der Patient mündliche wie schriftliche Hinweise und Informationen verstanden hat. Im Streitfall muss daher das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die mündlichen Inhalte des Aufklärungsgesprächs genauer klären, insbesondere, ob auch das Risiko einer Nervenschädigung Thema war. Schriftliche Hinweise im Aufklärungsbogen reichten hierzu nicht aus.
BGH, 5.11.2024, Az. VI ZR 188/23