Arbeitsrecht Überstundenzugschlag bei Teilzeitkräften obligat

ErfurtRechtliches

Teilzeitkräfte haben denselben Anspruch auf Überstundenzuschläge wie Vollzeitbeschäftigte. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden. Gelten soll das schon ab der ersten Überstunde. Eine Ausnahme ist nur dann zulässig, wenn sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen.

Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde: Eine Pflegekraft arbeitete bei einem ambulanten Dialyseanbieter in Hessen in Teilzeit. Der Tarifvertrag des Unternehmens sah einen Zuschlag von 30 Prozent für Überstunden vor, allerdings erst dann, wenn die reguläre Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten überschritten wurde. Die Pflegekraft, die 40 Prozent einer Vollzeitstelle abdeckte, erhielt daher weder einen Zuschlag noch eine Zeitgutschrift für rund 129 geleistete Überstunden. Sie argumentierte, dass diese Regelung sie benachteilige – sowohl als Teilzeitkraft als auch als Frau, da der Großteil der Teilzeitbeschäftigten im Unternehmen weiblich war.

Nach Ansicht des Gerichts verstößt die tarifliche Regelung, die Teilzeitbeschäftigte nur dann für Überstunden zu entschädigen, wenn diese die Arbeitszeit von Vollzeitkräften überschreiten, gegen das Diskriminierungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Eine unterschiedliche Behandlung sei demnach nur zulässig, sofern sachliche Gründe vorliegen, die sie rechtfertigen. Im vorliegenden Fall konnte jedoch keine solche Begründung gefunden werden.

Darüber liege bei Fehlen sachlicher Gründe für die bisherige Zuschlagsregelung auch regelmäßig ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Insbesondere wenn innerhalb der betroffenen Gruppe der Teilzeitbeschäftigten erheblich mehr Frauen als Männer vertreten sind, stellten sie eine mittelbare Benachteiligung wegen des (weiblichen) Geschlechts fest.

Die klagende Frau erhielt die von ihr geforderte Zeitgutschrift auf dem Arbeitszeitkonto sowie eine Entschädigung von 250 Euro aufgrund ihrer Benachteiligung als Frau. Ursprünglich hatte sie eine Entschädigung in Höhe eines Vierteljahresverdienstes – rund 4.500 Euro – gefordert.

 

BAG, 5.12.2024, Az. 8 AZR 370/20