Der Beschuldigte war seit dem Jahr 2004 bei einem Unternehmen als Be- und Entlader sowie Wäscher für die Fahrzeuge beschäftigt. Die Wäsche der Wagen erfolgte in Nachtschicht mit sechs bis sieben Kollegen, wobei der Mann seinen Wagen in der Nähe des Arbeitsplatzes abstellen konnte. Bei der stichprobenartigen Ausfahrtkontrolle fand der Werkschutz im Kofferraum des Mannes eine nicht angebrochene Plastikflasche mit einem Liter Desinfektionsmittel und eine Handtuchrolle. Der Wert des Desinfektionsmittels betrug zum damaligen Zeitpunkt circa 40 Euro. Es kam damals bei dem Unternehmen immer wieder vor, dass Desinfektionsmittel aus den Waschräumen entwendet wurde.
Der Personalausschuss des Betriebsrats stimmte der fristlosen Kündigung des Mannes nach Befragung von Zeugen abschließend zu. Darauf wurde dem Mann gekündigt. Gegen diese Kündigung klagte der Mann. Er habe sich während der Arbeit jede Stunde zu seinem Fahrzeug begeben, um die Hände zu desinfizieren und abzutrocknen. Er habe das Mittel für sich und eventuell seine Kollegen verwenden wollen, zumal dieses in den Waschräumen nicht immer verfügbar gewesen sei. Bei der Ausfahrt habe er an die Sachen im Kofferraum nicht mehr gedacht. Er müsse kein Desinfektionsmittel stehlen, weil seine Frau in der Pflege arbeite und die Familie über sie ausreichend versorgt sei. Das Unternehmen hat behauptet, dass der Mann dem Werkschutz gesagt habe, dass er das Desinfektionsmittel habe mitnehmen dürfen, um sich unterwegs die Hände zu desinfizieren. Sie habe mit Aushängen im Sanitärbereich darauf hingewiesen, dass das Mitnehmen von Desinfektionsmittel eine fristlose Kündigung und Anzeige zur Folge habe.
Auch nach Ansicht des LAG lag ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vor. Die Einlassungen des Mannes seien nicht glaubhaft. Das LAG gehe davon aus, dass der Mann sich das Desinfektionsmittel zugeeignet habe, um es selbst zu verbrauchen. Wenn er es während der Schicht habe benutzen wollen, hätte es nahe gelegen, das Desinfektionsmittel auf den Materialwagen am Arbeitsplatz zu stellen, zumal in der Nacht nur sechs bis sieben Kollegen arbeiteten. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, dass er das Desinfektionsmittel auch für die Kollegen verwenden wollte, denn weder hatte er ihnen gesagt, wo er das Desinfektionsmittel aufbewahrt noch ihnen den Autoschlüssel gegeben, damit sie es benutzen können. Schließlich sei die aufgefundene Flasche nicht angebrochen gewesen.
Auch unter Berücksichtigung der langen Beschäftigungszeit sei keine vorherige Abmahnung erforderlich. Der Mann habe in einer Zeit der Pandemie, als Desinfektionsmittel Mangelware war und in Kenntnis davon, dass auch das Unternehmen mit Versorgungsengpässen zu kämpfen hatte, eine nicht geringe Menge Desinfektionsmittel entwendet. Damit habe er zugleich in Kauf genommen, dass seine Kollegen leer ausgingen. Dem Mann habe klar sein müssen, dass er mit dem Diebstahl von einem Liter Desinfektionsmittel den Bestand seines Arbeitsverhältnisses gefährdete. Auch die Interessenabwägung fiel angesichts dieser Umstände zu Lasten des Mannes aus. Seine Klage wurde abgewiesen.
LAG Düsseldorf, 14.1.2021, Az.:5 Sa 483/20