Muss der Arbeitgeber eine Sozialauswahl vornehmen, können diese betagten Beschäftigten nicht auf ihr hohes Lebensalter und der damit verbundenen besonderen Schutzbedürftigkeit verweisen, so die Richter.
Geklagt hatte ein juristischer Mitarbeiter eines Arbeitgeberverbandes. Zusammen mit fünf weiteren Kollegen bearbeitete er anstehende Gerichtsverhandlungen. Als der Mann seine Altersrente erhielt, ging er noch nicht in den Ruhestand, sondern arbeitete weiterhin bei seinem Arbeitgeber. Doch dieser kündigte ihm betriebsbedingt. Man benötige nur noch fünf juristische Mitarbeiter, da das Arbeitsaufkommen wegen der geringeren Zahl an Gerichtsverfahren zurückgegangen sei. Die Kündigung akzeptierte der Beschäftigte nicht. Die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Der Arbeitgeber sei verpflichtet, eine Sozialauswahl vorzunehmen. Dabei müsse sein hohes Alter besonders berücksichtigt werden. Eine Kollegin hätte danach eher den Hut nehmen müssen, auch wenn sie gegenüber einem Kind unterhaltsverpflichtet sei. Diese sei auch nicht so lange für den Arbeitgeberverband tätig wie er, so der Kläger.
Das sah das BAG anders. Nach dem Kündigungsschutzgesetz müsse bei vorzunehmenden Kündigungen grundsätzlich der Arbeitnehmer gekündigt werden, der am wenigsten auf das Arbeitsverhältnis angewiesen ist. Eine daher durchzuführende Sozialauswahl müsse sich allein anhand der Kriterien „Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, Lebensalter und Schwerbehinderung“ richten.
Beim Kriterium des „Lebensalters“ habe der Gesetzgeber berücksichtigen wollen, dass ältere Arbeitnehmer geringere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben als jüngere. Beziehe ein Beschäftigter jedoch bereits seine Altersrente, falle diese Schutzbedürftigkeit weg. Arbeitnehmer treffe ein Verlust des Arbeitsplatzes weniger hart, wenn sie bereits eine Altersrente beziehen. Das hohe Lebensalter falle daher bei der zu treffenden Sozialauswahl weniger ins Gewicht. Diese Auslegung verstoße auch nicht gegen EU-Recht. Denn der Gesetzgeber verfolge damit ein rechtmäßiges Ziel.
Ob die ordentliche Kündigung des Klägers wirksam ist, konnten die Richter aber noch nicht abschließend entscheiden und wiesen die Klage an das Landesarbeitsgericht Hamm zurück. Dort muss jetzt geprüft werden, ob der Arbeitsplatz tatsächlich dauerhaft weggefallen ist und die Kündigung damit begründet werden konnte.
BAG, 27.4.2017, Az. 2 AZR 67/16