Folgender Sachverhalt führte zur Entscheidung: Ein Mann litt unter anderem an einer Erschöpfungssymptomatik, Schlafstörungen und Kopfschmerzen. Der behandelnde Facharzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin, Umweltmedizin und Homöopathie diagnostizierte mithilfe eines sogenannten Provokationstests eine Schwermetallbelastung. Diese wollte er mit einer „Ausleitungstherapie“ und sogenannten Chelatbildnern behandeln. Der Arzt hatte dem Patienten hierzu eine alphaliponsäurehaltige Lösung verabreicht, damit die Schwermetalle gebunden und ausgeschieden werden können.
Als die Krankheitssymptome schwerer wurden, kam der Patient notfallmäßig ins Krankenhaus. Dort wurde eine schwere Thrombozytopenie mit mittelgradiger Leberschädigung festgestellt. Da zum gleichen Zeitpunkt fünf weitere Patienten des Arztes mit gleichen Symptomen in der Klinik behandelt wurden, wurde die Kriminal- polizei verständigt. Im Zuge der Ermittlungen stellte ein Gutachter fest, dass bei allen Patienten die Beschwerden durch eine weit überhöhte Menge von Alphaliponsäure verursacht wurden.
Der Mann verlangte daraufhin mindestens 200.000 Euro Schmerzensgeld. Er sei nicht ordnungsgemäß über die alternativ-medizinische Therapie aufgeklärt worden. Er habe einen lebensbedrohlichen Zustand und eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) erlitten. Das Landgericht Leipzig sprach dem Mann ein Schmerzensgeld von 15.000 Euro zu. Das war ihm zu wenig, daher klagte er weiter, scheiterte aber vor dem OLG.
Nach Ansicht des Gerichts besteht kein Anspruch auf ein höheres Schmerzensgeld. Der Arzt habe dem Mann zwar nicht die erforderliche Grundaufklärung erteilt. Bei alternativmedizinischen Behandlungen, etwa der Homöopathie, müsse der Patient „unmissverständlich“ darüber informiert werden, warum von der Standardbehandlung der Schulmedizin abgewichen wird und welche Vor- und Nachteile deshalb zu erwarten sind. Es gebe für Außenseitermethoden wie der Ausleitungstherapie und bei fehlenden Wirksamkeitsnachweisen besonders strenge Anforderungen an die Aufklärung. Der Patient müsse aber wissen, worauf er sich einlässt. Gerade weil der behandelnde Arzt auch approbierter Schulmediziner sei, hätte er auf die Unterschiede zur Schulmedizin und Risiken der Behandlung hinweisen können.
Wegen der unzureichenden Aufklärung stehe dem Kläger aber kein höheres als das vom Landgericht zugesprochene Schmerzensgeld zu. Seine Beschwerden seien ausgeheilt, das Vorliegen einer PTBS nicht belegt.
OLG Dresden, 23.7.2024, Az. 4 U 1610/21