In einem von einem anonymen Nutzer im Februar 2022 auf YouTube veröffentlichten Video wurde eine Frau unter anderem als „dunkler Parasit“ bezeichnet. Der Nutzer berichtete in emotionaler Weise von seiner Auseinandersetzung mit der Frau und warum diese in ihm eine Retraumatisierung seiner Erfahrungen sexueller Gewalt in seiner Kindheit bewirkt habe. Die von der Beleidigung betroffene Frau beanspruchte von YouTube Auskunft über den Namen und die Adresse des Nutzers und bekam Recht.
Die Richter waren der Meinung, dass YouTube verpflichtet sei, Auskunft über den Namen und die Adresse des anonymen Nutzers zu erteilen. Der Auskunftsanspruch könne nicht davon abhängig gemacht werden, dass die Betroffene darlegt, welche zivilrechtlichen Ansprüche sie mit Hilfe der Auskunft geltend machen will. Die Rechtsverletzung müsse auch nicht von besonderem Gewicht sein.
Wenn ein Nutzer sich auf einer Internetplattform unter Verwendung eines selbstgewählten Namens äußert und sich aus dem Inhalt seiner Beiträge keine Hinweise auf seine Identität ergeben, begründe dies nach Ansicht des OLG die Vermutung, dass ein durch die Äußerung Betroffener den Namen und die Anschrift des Nutzers nicht kennt. Deshalb habe er einen Anspruch gegen den Plattformbetreiber.
OLG Kralsruhe, 06.09.2022, Az.: 14 W 61/22