Arbeitsrecht Häufig krank: Negative Gesundheitsprognose kann Kündigung rechtfertigen

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Häufige und unterschiedliche Kurzerkrankungen eines Arbeitnehmers können ein Hinweis für eine allgemeine Krankheitsanfälligkeit sein und so eine negative Gesundheitsprognose begründen.

Ist der Arbeitgeber mit den vor diesem Hintergrund zu erwartenden Kurzerkrankungen erheblich wirtschaftlich belastet, kann er dem Arbeitnehmer aus personenbedingten Gründen kündigen, stellte das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern fest. Das könne auch dann gelten, wenn die einzelnen Erkrankungen des Arbeitnehmers zwar ausgeheilt sind, aber dennoch in Zukunft mit einem erneuten Auftreten zu rechnen ist.

Ein Mann war als Maschinenbediener in einem Unternehmen der Brot- und Backwarenindustrie tätig. In den Jahren 2018 bis 2022 war er wiederholt kurzzeitig erkrankt, häufig etwa an einer akuten Bronchitis.Aber auch wegen regelmäßigen Gelenk- und Rückenschmerzen fiel er aus. Durchschnittlich fehlte er jedes Jahr an 40 Tagen im Betrieb. Wegen der Kurzzeiterkrankungen musste der Arbeitgeber jedes Mal Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall leisten, meist zwischen 7.000 und knapp 8.500 Euro jährlich. Um den Arbeitsausfall auszugleichen, musste der Arbeitgeber zudem auf Leiharbeitskräfte zurückgreifen.

Das Unternehmen bot dem Mann mehrfach ein betriebliches Eingliederungsmanagementan, welches der Beschäftigte aber nur einmal in Anspruch genommen hatte. Er war weiter häufig für kurze Zeit krank. Als der Mann nach einer Erkrankung im Oktober 2022 das Angebot eines betrieblichen Eingliederungsmanagements erneut ablehnte, kündigte der Arbeitgeber dem Mann wegen der häufigen Kurzzeiterkrankungen ordentlich und fristgerecht zum 30. Juni 2023.

Wegen der Fehlzeiten von durchschnittlich 40 Tagen pro Jahr bestehe eine negative Gesundheitsprognose, so die Begründung. Es sei mit weiteren, häufigen Kurzzeiterkrankungen zu rechnen, die nicht nur teuer für die Firma seien, sondern auch die betrieblichen Abläufe erheblich stören, so das Unternehmen.

Der Mann hielt die Kündigung dagegen für sozial ungerecht. Die Erkrankungen seien weitgehend ausgeheilt. Er klagte vor Gericht, scheiterte aber. Nach Ansicht des Gerichts ist die Kündigung rechtswirksam. Häufige Kurzerkrankungen könnten nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) eine personenbedingte Kündigung begründen. Voraussetzung sei eine negative Gesundheitsprognose, nach der künftig mit häufigen Kurzzeiterkrankungen und einer erheblichen Beeinträchtigungder betrieblichen Interessen zu rechnen sei. Die obersten Arbeitsrichter hatten bereits am 20. März 2014 entschieden, dass die Fehlzeiten in einem Zeitraum von mehr als sechs Wochen im Jahr zu Betriebsablaufstörungen
oder zu Entgeltfortzahlungen führen müssten, um eine Kündigung begründen zu können. Dem Arbeitgeber müsse eine Weiterbeschäftigung unzumutbar sein.

Die häufigen, verschiedenen Kurzzeiterkrankungen würden im vorliegenden Fall eine negative Gesundheitsprognose begründen. Zwar könne eine Erkrankung für die Prognose unberücksichtigt bleiben, wenn diese ausgeheilt sei. Bestehe jedoch die Gefahr, dass bei einer ausgeheilten Krankheit mit einem erneuten Auftreten zu rechnen ist, könne das auf eine erhöhte Krankheitsanfälligkeit hinweisen, wie etwa bei Atemwegsinfekten. Das künftige Auftreten verschiedener, kurzzeitiger Erkrankungen sei bei dem Mann wahrscheinlich, der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber nicht mehr hinnehmbar – und die Kündigung folglich wirksam.

 

LAG Mecklenburg-Vorpommern, 7.5.2024, Az. 5 Sa 56/23