Im Streit stand, ob der behandelnde Arzt bei der Vorbereitung einer Koloskopie die Lage der Magensonde (durch die die zur Vorbereitung notwendige Abführlösung direkt in den Magen eingeführt werden sollte) vor dem Einführen kontrollierte oder nicht. Die Lagekontrolle war nicht in der Behandlungsdokumentation festgehalten worden, obgleich dies laut Sachverständigemüblich ist. Die Magensonde landete tatsächlich nicht im Magen, sodass Teile der Abführlösung in die Lunge der Patientin gelangten, was zu erheblichen gesundheitlichen Beschwerden der Patientin führte. Die Patientin warf dem Arzt deshalb unter anderem einen Behandlungsfehler vor und verlangte Schmerzensgeld und Schadensersatz.
Gegen diesen Vorwurf verteidigte sich der Arzt auch mit dem Argument, er prüfe immer vor jeder solcher Behandlung die Lage der Magensonde. Damit versuchte er, sich auf die für die Aufklärung entwickelten Grundsätze der sogenannten „Immer-so-Aufklärung“ zu stützen, die der Bundesgerichtshof erstmals in seinem Urteil von 1985 begründete und seitdem ständige Rechtsprechung des BGH ist.
Das Gericht war aber anderer Ansicht und wies die Verteidigung des Arztes zurück. Denn die sogenannte „Immer-so-Rechtsprechung“ sei nicht auf das Behandlungsgeschehen übertragbar. Grund dafür sei, dass diese Beweiserleichterung zugunsten des Arztes dazu diene, die spezifisch bei der Aufklärung bestehende Schärfe der zulasten des Arztes eingreifenden Beweislastumkehr abzumildern. Grund sei auch, dass die Angaben der Beteiligten, etwa des behandelnden Arztes oder seines Personals oder des Patienten, zu einem „immer so“ praktizierten Behandlungsablauf wegen der durch Emotionen hervorgerufenen Erinnerungsunschärfen dieser Beteiligten nicht ausreichen, um das Gericht von einem bestimmten Ablauf der Behandlung zu überzeugen.