Weiterbildungsbefugnis Weiterbildung des Chefarztes durch seinen Oberarzt?

MünsterRechtliches

War ein Chefarzt in der Abteilung seines weiterbildungsberechtigten Oberarztes tätig, so begründet dies keinen Anspruch auf Anerkennung der Gleichwertigkeit seiner ärztlichen Tätigkeit und Zulassung zur Prüfung für die Anerkennung der Facharztbezeichnung Physikalische und Rehabilitative Medizin.

Denn dies erfordert eine strukturierte und gezielte Weiterbildung „unter Anleitung“ eines weiterbildungsbefugten Arztes und mithin unter dessen hierarchischer Leitungsbefugnis. Da ein Oberarzt gegenüber seinem Chefarzt nicht leitungsbefugt ist, kann er diesen auch nicht weiterbilden. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Münster entschieden.

Ein hochdekorierter und mit zwei Weiterbildungsbefugnissen versehener Facharzt für Chirurgie sowie Orthopädie und Unfallchirurgie ist seit Jahren als Chefarzt in einer Klinik tätig. Der Chefarzt beantragte die Erteilung einer weiteren Facharztbezeichnung und zwar für „Physikalische und Rehabilitative Medizin“. Er hatte zwar keine ordentliche Weiterbildung durchlaufen, machte aber geltend, dass seine langjährige praktische Erfahrung in diesem Bereich und seine Tätigkeit auf der Station eines entsprechend weiterbildungsbefugten Oberarztes einer solchen Weiterbildung gleichwertig sei. Da sein Antrag abgewiesen wurde, klagte er, scheitere aber vor dem Verwaltungsgericht.

Nach Ansicht des Gerichts war die Klage des Chefarztes auf Anerkennung dieser Weiterbildung als gleichwertig und auf Zulassung zur Facharztprüfung als unbegründet abzuweisen. Zwar könne eine von der Weiterbildungsordnung abweichende Weiterbildung oder ärztliche Tätigkeit unter Anleitung ausnahmsweise vollständig oder teilweise anerkannt werden, wenn sie einer geordneten Weiterbildung gleichwertig sei. Die Ausnahmevorschrift des § 10 WBO greife aber nur ein, wenn der Arzt in besonders gelagerten Ausnahmefällen die in der Weiterbildungsordnung vorgesehene reguläre Weiterbildung wegen eines Härtefalles nicht durchlaufen konnte. Diese Ausnahmevorschrift greife bereits dann nicht, wenn der Arzt von Anfang an die Möglichkeit zu einer regulären Weiterbildung hatte. Einen Härtefall konnte das Gericht hier nicht erkennen, auch nicht in dem Umstand, dass die Klinik als sein Arbeitgeber damals einen Chefarztposten besetzen musste. Es fehle auch an einer gezielten und konzeptionell durchstrukturierten Weiterbildung. Der Chefarzt konnte nicht nachweisen, dass er sich mit dem Oberarzt damals darauf geeinigt hätte, dass die Tätigkeit des Chefarztes auf der Station des Oberarztes gerade seiner fachärztlichen Weiterbildung diene.

Im Übrigen sei das Erfordernis einer Weiterbildung „unter Anleitung“ nicht nur im Sinne einer fachlichen Anleitung, sondern
auch im Sinne einer hierarchischen Leitungsbefugnis zu verstehen. Es sei daher nur dann erfüllt, wenn der Angeleitete den Anleitungen des Anleitenden nicht nur in fachlicher Hinsicht, sondern auch im Hinblick auf die zeitliche und inhaltliche Gestaltung der Weiterbildung zu folgen hat. Ein solches Leitungsverhältnis sei hier im Verhältnis eines Oberarztes zu seinem eigenen Chefarzt grundsätzlich nicht gegeben. Letzterer stehe weder fachlich noch zeitlich noch bezüglich der inhaltlichen Gestaltung der Weiterbildung unter der hierarchischen Leitungsbefugnis seines eigenen Oberarztes.

 

VG Münster, 15.2.2024, Az. 5 K 185/21